7. Dezember 1998
W o r t p r o t o k o l l
über die
1. Bürgerinnen- und Bürgerversammlung
zum Thema
"PAK-Belastungen in ehemaligen US-Wohnungen?"
der Stadtverordnetenversammlung
am Mittwoch, dem 28. Oktober 1998
(18.32 Uhr bis 21.51 Uhr)
Beginn der Versammlung: 18.32 Uhr
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren!
Gemäß § 8a der Hessischen Gemeindeordnung darf ich die Bürgerversammlung
eröffnen, und ich begrüße Sie alle sehr herzlich. Das Thema heute abend
lautet: PAK-Belastungen in ehemaligen US-Wohnungen?
Die Einladung zu dieser Veranstaltung erfolgte unter dem 13. Oktober
1998 und wurde im Amtsblatt der Stadt Frankfurt am Main vom 20.10.1998,
Nr. 43, veröffentlicht. Damit sind die wenigen Formalien, die die Ge-
meindeordnung für die Einladung zu einer Bürgerversammlung vorschreibt,
erfüllt.
Presse, Funk und Fernsehen wurden am 15.10.1998 von der geplanten Bür-
gerversammlung in Kenntnis gesetzt. Darüber hinaus erhielten die Frank-
furter Tageszeitungen unter dem 23.10.1998 nochmals Informationen über
die heutige Veranstaltung. Es wurde besonders darauf hingewiesen, daß
Einlaßkarten zum Besuch der Bürgerversammlung notwendig seien.
Bei der Zulassung von Damen und Herren, die keine Bürgerinnen oder
Bürger der Stadt Frankfurt am Main sind, weil sie außerhalb wohnen, sind
wir - und darauf mache ich ausdrücklich aufmerksam - äußerst großzügig
verfahren, obwohl die Kommentatoren der Hessischen Gemeindeordnung ein-
mütig zu einer stringenteren Regelung raten, also dazu raten, jemanden
auch auszuschließen, wenn er nicht Bürger oder Einwohner der Stadt
Frankfurt am Main ist.
Ich begrüßen Sie, meine Damen und Herren, die Sie im Plenum als Teilneh-
merinnen und Teilnehmer dieser Bürgerversammlung Platz genommen haben.
Ich begrüße den Gesundheitsdezernenten der Stadt Frankfurt am Main,
Herrn Stadtkämmerer Glaser, und ich begrüße die Mitglieder des Gesund-
heitsausschusses, dessen Vorsitzender rechts von mir Platz genommen hat
und des Ausschusses für Wohnungsbau und Wohnen, der links von mir Platz
genommen hat. Die Damen und Herren der beiden Ausschüsse haben dort
Platz genommen, wo üblicherweise bei unseren Plenarsitzungen der Magi-
strat seinen Platz hat.
Meine Damen und Herren, ich darf die Damen und Herren von Presse, Funk
und Fernsehen schließlich auch herzlich Willkommen heißen.
Es hat im Vorfeld dieser Bürgerversammlung einige Fragestellungen über
die Hinzuziehung von Sachverständigen gegeben. Hier habe ich mich an die
Empfehlungen der offenkundigen Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung
gehalten. Es ist ganz offenkundig, daß sowohl die Fraktion der CDU als
auch die Fraktion der SPD geraten haben, so zu verfahren, wie wir dies
heute abend tun.
Meine Damen und Herren, auch dies sei von der Sache her ein wenig
erklärt: Diese heutige Veranstaltung ist nicht - wie der eine oder die
andere im Vorfeld gemeint haben - so etwas wie eine öffentliche Anhörung
von Sachverständigen, die ihren wissenschaftlichen Streit oder ähnliches
miteinander austragen. Eine Bürgerversammlung im Sinne der Hessischen
Gemeindeordnung ist ausschließlich eine Begegnung von Bürgerinnen und
Bürgern mit den Körperschaften der Stadt. Soweit die Körperschaften der
Stadt aus ihrem eigenen Bereich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der
Verwaltung hinzuziehen, ist es deren eigene Angelegenheit. Aus diesem
Grund habe ich dem Herrn Stadtkämmerer als Gesundheitsdezernenten natür-
lich die Möglichkeit offengelassen mitzubringen, wen er in seiner eige-
nen Zuständigkeit, nach seinem eigenen Dafürhalten, beteiligen möchte.
Wir wollen als Stadtverordnetenversammlung, als Magistrat und die dahin-
terstehende zuständige Verwaltung Ihre Argumente aus erster Hand hören,
um sie in unsere Wertungen und Entscheidungen mit einzubeziehen. Sie,
meine Damen und Herren, haben meines Erachtens das Recht, daß Ihnen aus
dem Bereich von Stadtverordnetenversammlung, Magistrat und Verwaltung
Antwort gegeben wird, wenn Sie Fragen stellen. Möglicherweise ergeben
sich auch Diskussionspunkte, wo der eine oder die andere unter Ihnen an-
derer Auffassung ist als die Damen und Herren, die für die Stadtverord-
netenversammlung und für den Magistrat hier anwesend sind.
Bevor wir aber in diese Sachaussprache eintreten, lassen Sie mich Ihnen
einige technische Hinweise für den weiteren Ablauf geben: Wir haben im
Augenblick keine solche Präsenz, wie wir es nach der Anforderung von
Eintrittskarten hätten erwarten können. Ich sage vorsorglich - wenn noch
einige nach uns kommen, es sind noch genug Plätze da -, daß wir in
den Gängen sehr bewußt keine Plätze angeordnet haben, weil dies versamm-
lungs- und feuerpolizeilich zu Schwierigkeiten geführt hätte. Wir bitten
die Medienvertreter, insbesondere die Kameraleute, immer darauf zu ach-
ten, daß die Fluchtwege frei bleiben.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich nach einem einleitenden Vortrag
des Herrn Stadtkämmerers zu Wort melden, entweder zu Diskussionsbei-
trägen oder zu Fragen, die vom Stadtkämmerer oder seinen Mitarbeitern
zu beantworten wären, dann darf ich Sie auf folgende Verfahrensweise
aufmerksam machen: Für Ihre Wortmeldungen verwenden Sie die im Saal
ausgelegten rosa Wortmeldezettel, die Sie jeweils auf den Tischen in der
ersten Reihe und auf der Tribüne beim Eingang finden. Diese rosa Wort-
meldezettel geben Sie bitte hier im Präsidium ab. Wir werden Ihnen dann
in der Reihenfolge des Eingangs der Wortmeldungen das Wort erteilen. Auf
den Wortmeldezettel bitte ich, auf jeden Fall Ihren Namen zu schreiben.
Ich empfehle, auch Ihre Adresse darauf zu schreiben, denn wenn hier
nicht alle Fragen ad hoc und mündlich beantwortet werden können, werden
wir die Verwaltung bitten, Ihnen die entsprechenden Auskünfte alsbald
schriftlich zuzustellen, und dazu benötigen wir Ihre Adressen. Aber es
ist Ihre eigene Angelegenheit, ob Sie von dieser Empfehlung Gebrauch ma-
chen wollen oder nicht. Schreiben Sie bitte Ihren Namen deutlich, damit
ich Ihnen das Wort erteilen kann.
Die Redezeit pro Wortmeldung möchte ich auf fünf Minuten beschränken,
damit möglichst viele Damen und Herren die Gelegenheit haben, sich zu
Wort zu melden. Wir werden - ich habe den Eindruck, daß dies bei der mo-
mentanen Präsenz möglich ist, sofern sie sich nicht bedeutend nach oben
verändert - auch eine Runde der Fraktionen einschieben, die dann Gele-
genheit haben, wenn sie dies wollen, aus ihrer Sicht zu dem angesproche-
nen Thema vorzutragen. Auch hier darf ich darum bitten, meine Damen und
Herren der Fraktionen, die Redezeit von fünf Minuten einzuhalten.
Abschließend sei zu den technischen und den Fragen der Verhandlungslei-
tung noch gesagt, daß die gesamte Veranstaltung zur Dokumentation auf
Tonband aufgezeichnet wird. Ich bitte, dies zur Kenntnis zu nehmen. Die
Rednerinnen und Redner können sowohl vom Rednerpult aus sprechen als
auch von den Saalmikrofonen als auch von einem Mikrofon, das auf der
Tribüne aufgestellt ist.
Ich möchte noch folgenden Hinweis geben: Transparente zu zeigen oder
Flugblätter im Saal oder auf der Tribüne zu verteilen, ist nicht ge-
stattet. An den Eingängen haben Sie einen Hinweis gefunden, daß im Saal
nicht geraucht, gegessen oder getrunken werden darf. Wer zu einer Stär-
kung greifen möchte, den verweise ich auf die Caféteria, die Sie über
die Ausgänge links von mir schräg über den Gang erreichen können.
Viele von uns haben morgen wieder einen vollen Arbeitstag. Ich werde die
Verhandlungsführung so einrichten - und ich bitte Sie hier um Kooperati-
on -, daß wir zu einer vernünftigen Zeit, das wäre zwischen 21.30 Uhr
und 22.00 Uhr, zu Ende kommen. Ich werde zur gegebenen Zeit die Redner-
liste schließen und Ihnen dies rechtzeitig mitteilen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie angekündigt, darf ich nun zu
einem einführenden Vortrag dem Herrn Stadtkämmerer das Wort geben. Bitte
schön!
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine sehr verehrten Damen und Herren Stadtverordneten,
liebe Bürgerinnen und Bürger!
Ich möchte es von der Zeit her überschaubar machen und zur Einleitung
nicht lange sprechen, damit die Diskussion in Gang kommt. Ich werde an
fünf Folien, die sich auf drei Sachverhalte beziehen, dokumentieren, wie
die Stadt Frankfurt am Main sich bemüht hat, mit dem anstehenden Problem
der PAK-Belastung von Wohnungen, die wir von der Bundesrepublik Deutsch-
land erworben haben, und die eine Substanz darstellen, von der gesund-
heitliche Gefährdungen zu befürchten sind, versucht haben umzugehen. Ich
werde zunächst den Zeitablauf unserer gesamten Maßnahmen dokumentieren,
damit erkennbar wird, wann wir was getan haben. Ob es schnell oder lang-
sam war, das können Sie nachher bewerten. War es zu viel oder zu wenig.
Aber es muß zumindest eine Grundlage dafür gegeben sein, daß Sie wissen,
was wir eigentlich gemacht haben.
Aus der eigenen Verwaltung habe ich die Leiterin des Stadtgesundheits-
amtes, Frau Dr. Peters, mitgebracht, die vielen von Ihnen bekannt ist.
Ich habe in Sonderheit die langjährig in unserem Gesundheitsamt tätige
Umweltmedizinerin, Frau Dr. Heudorf, mitgebracht, die im Moment am Over-
headprojektor ist. Weiterhin habe ich mir erlaubt, zu dem Thema der ge-
sundheitlichen Bewertung alles dessen, was wir miteinander zu diskutie-
ren haben, Herrn Professor Ewers als einzigen externen Gutachter, Sach-
verständigen, Fachmann - wie Sie möchten - mitzubringen. Herr Professor
Ewers ist in Gelsenkirchen in Nordrhein-Westfalen am Hygiene-Institut.
Er hat für uns nicht gearbeitet, er ist nicht in irgendeiner Weise
befangen, ich kenne ihn auch persönlich nicht. Ich habe ihn erst heute
und hier kennengelernt, weil mein Haus auf Empfehlung eines anderen Wis-
senschaftlers, der uns früher einmal in bestimmten Sachfragen begleitet
hat, empfohlen worden ist. Ich unterstelle, wenn die Zeit reif ist und
es gewünscht wird, wird Herr Professor Ewers in völliger Unabhängigkeit,
Freimut und nach seiner persönlichen, sachlichen und medizinischen Ver-
antwortung zu Ihren Fragen Stellung nehmen.
Ich habe darüber hinaus den Prokuristen aus der Wohnungsbauholding,
Herrn Sommerfeldt, mitgebracht, für den Fall, daß Details an Informa-
tionen aus dem Felde der Wohnungsbauholding gewünscht werden. Sie haben
Verständnis dafür, daß ich als Person nicht alle Fragestellungen, die
Sie sicher im Detail da oder dort betroffen haben oder interessieren,
abdecken kann, sondern da müssen wir etwas breiter gehen. Ich füge hin-
zu, daß der Geschäftsführer der Wohnungsbauholding heute bei einer Sit-
zung seiner Gesellschaft außerhalb Frankfurts ist. Dieser Sitzungstermin
stand schon sehr lange fest, darum bitte ich, in der Hinsicht nichts zu
unterstellen, denn das ist ein Vorgang, der aufklärbar und darstellbar
ist.
Ich sage jetzt etwas zum Zeitablauf. Frau Dr. Heudorf, legen Sie bitte
das erste Tableau auf. Ich weiß nicht, ob es lesbar ist. Das liegt dar-
an, daß wir den Projektor nicht so weit in den Saal hineinstellen woll-
ten. Ich werde kurz dokumentieren.
Im November 1997 haben wir erste Informationen der Mieter durch die Me-
dien und ein erstes Informationsblatt des Gesundheitsamtes in Zusammen-
arbeit mit der Mieterinitiative "Ideal" erhalten. Im November/Dezember
1997 haben wir acht Hausstaubuntersuchungen auf PAK und auf Pestizide
vorgenommen sowie Schwebestaubuntersuchungen, und die auf PAK - also
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Sie alle haben sich sicher
inzwischen an die Begrifflichkeit gewöhnt. Es sind ebenfalls in der Zeit
November/Dezember 1997 Untersuchungen von Kindern aus den ehemaligen
US-Housings durchgeführt worden und von einer Kontrollgruppe von Kindern
auf Abbauprodukte von PAK im Urin, also als Versuch, einen gesicherten
Beleg zu bekommen, was eigentlich mit den Menschen passiert und welche
Wirkungen auf den Menschen erzielt werden und dort nachweisbar sind.
Am 15.12.1997, das zweite Informationsblatt des Gesundheitsamtes mit den
Untersuchungsergebnissen aus den Wohnungen. Am 17.12.1997 erfolgte die
Information sämtlicher Ministerien auf Landes- und Bundesebene, mit der
Bitte um Stellungnahmen und Handlungsanweisungen. Ich sage das in aller
Deutlichkeit: Niemand in der Bundesrepublik Deutschland, welchen Sach-
verstand auch immer er gehabt haben mag, war damals in der Lage, eine
vernünftige Umgangsweise mit diesem Thema darzustellen oder eine ent-
sprechende Handlungsanweisung zu geben. Sie wissen, die Stadt Frankfurt
steht in einem Weisungsstrang bis hin zum Land, und es gibt natürlich
fachliche Berührung mit Bundesbehörden, wenn ein solches Problem bundes-
weit auftritt. Es war niemand in der Bundesrepublik Deutschland in der
Lage, sich auf Vorgänge zu berufen, die schon anderweitig vorgekommen
wären, sondern wir mußten das Gelände erst erforschen.
Am 26.01.1998 erschien das dritte Informationsblatt des Gesundheitsam-
tes. Darin sind Ergebnisse der Urinuntersuchungen mitgeteilt worden,
und es gab eine Einladung zu einer Bürgerinformationsveranstaltung am
05.02.1998. Die Einladung dazu wurde am 26.01.1998 in diesem Informati-
onsblatt ausgesprochen. Wir haben versucht, die Informationsblätter in
die Briefkästen aller Wohnungen zu verteilen. Ob das immer flächendek-
kend und überall gelungen ist durch diejenigen, die sie verteilt haben,
vermag ich - und niemand auf dieser Welt - nicht zu sagen. Ich sage nur,
daß sie in der entsprechenden Stückzahl gedruckt worden sind, und der
Verteilungsvorgang so in die Wege geleitet worden ist.
Am 05.02.1998 fand ein Expertenhearing mit Vertretern aus Bundes- und
Landesministerien, Behörden, Instituten, im Beisein von Vertretern der
Bürgerinitiativen, Vertretern der politischen Parteien im Römer und Ver-
tretern der Ortsbeiräte statt. In etwas mehr als zwei oder drei Monaten
haben wir aus der gesamten Bundesrepublik den gebündelten Sachverstand
bei uns zusammenbekommen, mit der Bitte: "Experten der Republik, laßt
uns gemeinsam versuchen zu erarbeiten, wie wir mit dem Thema umgehen."
Die Empfehlung, kurz und knapp zusammengefaßt, lautete: Untersuchung des
Klebers, also der Quelle der Emission, der potentiellen Emission, danach
eventuell auf Hausstaub oder Urinuntersuchungen oder beides. Pestizide
seien kein flächendeckendes, sondern ein punktuelles Problem, dies war
die überwiegende Meinung der Sachverständigen, die dort versammelt
waren.
Am gleichen Tag abends gab es eine Bürgerversammlung im nicht förmlichen
Sinne. Es war eine Informationsveranstaltung im Nordwest-Zentrum. Dort
wurde in aller Breite diskutiert. Diese Veranstaltung fand nach dem Hea-
ring statt, und es wurde natürlich versucht, die Ergebnisse des Hearings
dort mitzuteilen. Von mir persönlich wurde eine flächendeckende Kleber-
untersuchung zugesagt, es wurde eine umweltmedizinische Sprechstunde
eingerichtet. Kostenerstattungen für die bereits vorliegenden Hausstaub-
untersuchungen, die jeder Bürger bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommen
hat, um sich selbst zu verlässigen, was Sache sei, und die er bis dahin
hat selbst zahlen müssen, wurden übernommen. Alles das ist zugesagt und
auf Punkt und Komma eingehalten worden. Es wurde gleichermaßen eine
Diskussion an einem runden Tisch und auch die Einrichtung eines runden
Tisches zugesagt.
Am 20.02.1998 wurde das vierte Informationsblatt der Stadt verteilt, das
zum Inhalt hatte, mitzuteilen, daß die Holding - die Wohnungsbaugesell-
schaft der Stadt - beschlossen habe, ein entsprechendes Untersuchungs-
programm durchzuführen. Das wurde dort dargestellt und gleichzeitig zum
Thema "runder Tisch" informiert.
Am 23.02.1998 dieses Jahre wurde ein Abstimmungsgespräch zwischen der
Stadt, dem Bundesvermögensamt und der Wohnungsbau Holding über gemein-
sames und abgestimmtes Vorgehen geführt und ergebnisorientiert zu Ende
gebracht. Das Ergebnis war, daß alle Mieter in dieser Stadt gleichbehan-
delt werden, egal, ob sie in Wohnungen des Bundes oder der Stadt leben,
und daß sich alle fachlich dem Rat des Gesundheitsamtes unterwerfen.
Lassen Sie mich in aller Deutlichkeit sagen: Das Gesundheitsamt der
Stadt Frankfurt hat die Rolle einer Sonderbehörde, die gegenüber fremden
Dritten keine Weisungsbefugnis hat. Das heißt, kein Vermieter, sei
er eine eigene Wohnungsbaugesellschaft, sei er eine fremde, hat sich
unseren Vorstellungen zu unterwerfen. Zum damaligen und bis zum heutigen
Tag gibt es keine juristische Möglichkeit, zwangsweise die Meinung
des Gesundheitsamtes beispielsweise Vermietern aufzuerlegen und sie zu
bestimmten Handlungen zu zwingen. Ich sage das deshalb, weil nach dem
hessischen Recht, dem sogenannten Wohnungsaufsichtsgesetz in Hessen, das
Wirtschaftsministerium des Landes Hessen diese Befugnis, die wir nicht
haben, hat. Das Wirtschaftsministerium des Landes Hessen als Wohnungs-
aufsichtsbehörde kann, wenn es das für erforderlich hält, Weisungen
erteilen - auch der Stadt Frankfurt - und uns damit die Möglichkeit
geben, beispielsweise einzelnen Vermietern einer Wohnungsbaugesellschaft
Auflagen zu machen. Das Wirtschaftsministerium des Landes Hessen hat bis
zum heutigen Tage derlei nicht getan. Die Frage, ob das Gesundheitsmini-
sterium das Wirtschaftsministerium bis auf den heutigen Tag eingeschal-
tet hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich habe mehrfach persönlich und
schriftlich das Gesundheitsministerium des Landes Hessen darauf hinge-
wiesen, daß es das Wirtschaftsministerium einschalten solle und daß das
Wirtschaftsministerium die Möglichkeit hätte, entsprechend verbindliche
Handlungsanweisungen zu geben. Ich teile mit, daß bis zum heutigen Tage
derlei nicht geschehen ist, wobei ich nicht weiß, wie das im Innenver-
hältnis im Detail gelaufen ist. Das entzieht sich meiner Kenntnis.
Wir haben am 24.02. einen runden Tisch durchgeführt und am 24.02. begon-
nen, eine umweltmedizinische Sprechstunde zu eröffnen, die allen Bewoh-
nern, die Betroffenheit verspüren, die Sorge oder ein Problem haben, die
Möglichkeit geben sollte, direkten ärztlichen Rat zu erhalten, und zwar
kostenlos. Wir haben zu diesem Zweck einen eigenen Umweltarzt zusätzlich
im Gesundheitsamt eingestellt, der ausschließlich die Aufgabe hatte,
sich dieses Themas anzunehmen. Dieser Mitarbeiter ist auch heute noch
beim Gesundheitsamt beschäftigt.
Im März 1998 haben wir blockweise erste Messungen der Kleber durchge-
führt. Am 25.03.1998 hatten wir ein erstes Expertentreffen im Umweltbun-
desamt. Wir haben die Messungen sozusagen vorab durchgeführt, ohne zu
wissen, ob so etwas wie Grenzwerte, Eingriffswerte oder Zielwerte gefun-
den werden. Dann haben wir, zusammen mit anderen Bundesländern und dem
Umweltbundesamt, Expertentreffen organisiert. Das erste war - wie gesagt
- am 25.03. in Nachfolge zu unserem Hearing. Dort wurden die Probleme
erörtert und erste toxikologische Gefährdungsabschätzungen vorgenommen.
Es wurde ein Eingriffswert von 10 mg Benzo(a)pyren pro Kilogramm Haus-
staub - gewonnen über Kehrproben - als die Meinung dieses Expertenkrei-
ses definiert.
Am 2. April 1998 haben wir unser fünftes Informationsblatt hergestellt
und verteilt. Ergebnisse des Expertengespräches des Umweltbundesamtes
wurden darin mitgeteilt. Es wurde mitgeteilt, was gemessen wird und auf
das Angebot der medizinischen Sprechstunde aufmerksam gemacht. Im April
1998 wurde eine Untersuchungsserie, bezogen auf Kleber, Hausstaub, Raum-
und Außenluft, durchgeführt. Am 20.04.1998 kam ein erster Erlaß aus dem
Hessischen Gesundheitsministerium. Am 24.04. wurde das sechste Informa-
tionsblatt der Stadt Frankfurt verteilt. Darin hieß es, daß das Hessi-
sche Gesundheitsministerium Stellung genommen habe, und der Inhalt der
Stellungnahme wurde mitgeteilt. Es wurde mitgeteilt, daß Gesundheitsamt
und Holding Empfehlungen aussprechen und daß das gleiche auch für die
Bundesvermögensverwaltung gelte. Am 28.04. - vier Tage später - wurde
ein zweites Expertentreffen im Umweltbundesamt organisiert. Dort wurden
nach Ergebnissen von Kleber-, Hausstaub- und Raumluftuntersuchungen Ein-
stufungen vorgenommen und Vorschläge für verschiedene Sanierungsverfah-
ren unterbreitet.
Ab Mai 1998, meine Damen und Herren, wurden weitere Kleberuntersuchungen
durchgeführt und mit den Hausstaubprobenentnahmen begonnen. Am 6. und 8.
Mai 1998 kamen jeweils weitere Erlasse aus dem Hessischen Gesundheitsmi-
nisterium. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon längst in einer erhebli-
chen Breite Messungen durchgeführt. Am 12.05. sollte dann vom hessischen
Ministerium die Anweisung kommen, wie wir es zu machen hätten.
Am 12.06.1998 wurde das siebte Informationsblatt des Gesundheitsamtes
verteilt. Darin wurde insbesondere auf die weiteren Sprechstunden in den
Stadtteilen hingewiesen.
Am 28. August dieses Jahres wurde das achte Informationsblatt des Ge-
sundheitsamtes verteilt. Darin wurde auf die Problematik der Probenent-
nahme von Hausstaub hingewiesen und etwas über die Bewertung von Pesti-
ziden im Hausstaub mitgeteilt, was an alle gerichtet war und von allen
verstanden werden sollte und die Informationen transportieren sollte.
Ende August/Anfang September 1998 teilten die Vermieter - Bund und auch
die Holding - die Ergebnisse der Kleber- und Hausstaubuntersuchungen den
Mietern mit. In diesem Zeitkorridor sind alle Mieter schriftlich über
die entsprechende Ergebnislage informiert worden.
Im September 1998 wurden individuelle Abstimmungsgespräche mit den
Mietern der sofort sanierungspflichtigen Wohnungen geführt, und es wurde
mit den Sanierungsmaßnahmen begonnen.
Das ist der Zeitablauf von gut einem Jahr bis heute. Die Darstellung der
Aktivitäten und Bemühungen sind sicherlich nur kurz skizziert, denn hin-
ter dem Begriff "Messungen" kann man Zahlen erwarten, aber im Sinne ei-
nes kurzen Überblickes soll das jetzt genügen. Ich habe eine zweite und
eine dritte Folie, die beide sehr kurz und überschaubar sind.
Die zweite Folie - Frau Dr. Heudorf, legen Sie sie bitte auf - faßt in
wenigen Zahlen die Untersuchungsergebnisse zusammen. Sie sehen oben in
der linken Spalte die Anzahl der Wohnungen insgesamt, um die es geht.
Das sind die 1.600 Wohnungen. In der mittleren Spalte links sehen Sie
die Beschriebspalte und dann die beiden Ergebnisspalten - auf die Ergeb-
nisspalte bezogen die linke Spalte. Da sehen Sie die Frankfurter Woh-
nungsbaugesellschaften unter dem Dach einer Holding zusammengefaßt. Wir
haben 1.600 Wohnungen vom Bund erworben. Jetzt sehen Sie, bezogen auf
diese Wohnungen, die Befunde aus der Klebermessung. Sie sehen dort 660
Wohnungen, also 41 % aller Wohnungen, bei denen in der Zwischenzeit die
Messungen der Böden der entsprechenden entnommenen Proben durchgeführt
worden sind. Sie hatten einen Konzentrationswert im Bodenkleber unter 10
mg Benzo(a)pyren pro kg und damit lagen 660 Wohnungen, 41 %, unterhalb
des Wertes, auf den sich zwischenzeitlich alle Experten aus ganz
Deutschland und den unterschiedlichsten Einrichtungen geeinigt hatten,
daß bei diesen Wohnungen ein Gefährdungspotential, das nach menschlichem
Ermessen eine Gesundheitsschädigung herbeiführen könne, nicht gegeben
sei. 41 % der Wohnungen der Stadt.
Sie sehen dann die nächste Zahl. Das waren die Meßergebnisse der Boden-
befunde, die zwischen 10 mg und 3.000 mg lagen. Das waren 490 Wohnungen,
31 %. Das ist eine Zahl von Wohnungen, bei der auf alle Fälle klar war,
daß weitere Messungen sinnvoll, sachgerecht und notwendig sein würden
und sicherheitshalber durchgeführt werden müssen. Schließlich gab es
weitere 440 Wohnungen - das ist die dritte Zahl in dieser Spalte -, bei
denen die Befunde der Konzentration von Kleberbestandteilen über 3.000
mg Benzo(a)pyren pro kg betrugen. Das waren 28 % des Wohnungsbestandes.
Ich gehe jetzt in der Spalte, bezogen auf den Wohnungsbestand der Hol-
ding, nach unten. Wir haben dann alle Wohnungen, unabhängig von der Fra-
ge, wie die Klebermessungen im Boden waren, einer Hausstaubmessung un-
terzogen - zunächst auf PAK, auf die anderen Messungen komme ich gleich.
Sie sehen hier die Ergebnisse in dieser zweiten Spalte - Frau Dr. Heu-
dorf, wenn Sie es bitte wieder zeigen. 1.450 Wohnungen lagen unter 1 mg
Benzo(a)pyren pro kg Hausstaub. Damit sind 1.450 von 1.600 Wohnungen in
einem Korridor, der aller Wahrscheinlichkeit nach - ich formuliere das
mit aller Vorsicht und ohne Zuspitzung - ebenfalls in den Bereich fällt,
in dem Gefährdungen nicht zu befürchten sind, in dem alle Sachverständi-
gen der Republik gesagt haben, daß hier eigentlich ...
(Zurufe)
... eine Problematik nicht auftauchen dürfte. Wir haben eine weitere
Teilmenge, nämlich 130 Wohnungen, gehabt, bei der die Raumluftmessungen
zwischen 1 und 10 mg Benzo(a)pyren pro kg im Hausstaub ergeben haben.
Daraus resultierend ist auf alle Fälle klar, daß Raumluftmessungen und
weitere Beobachtungen dieser Wohnungen angezeigt waren. Es war erkenn-
bar, daß bei 20 Wohnungen über 10 mg Benzo(a)pyren pro kg Hausstaub auf-
gefunden wurde und daß diese 20 Wohnungen bei dieser Hausstaubkonzentra-
tion einer möglichst umgehenden Sanierung zugeführt werden müssen.
In der letzten Spalte finden Sie eine Zahl, die die Wohnungen
bezeichnet, bei denen die parallel durchgeführten Pestizidmessungen, die
Pestizidwerte, die in Messungen, die sich auf ganz andere Schadstoffe
bezogen, die gar nichts mit PAK zu tun haben, die von uns durchgeführt
worden sind, dazu geführt haben, daß festgestellt werden mußte, daß die
Prüf- und Handlungswerte überschritten waren, die für diese Schadstoffe,
die man länger kennt, die in langen Diskussionen auch in Deutschland in
den Fachbehörden und in der Fachwelt in der Diskussion sind, daß diese
Grenzwerte beziehungsweise Prüfwerte überschritten waren und deshalb
sofort eingegriffen werden muß. Das bezog sich auf zirka 30 Wohnungen.
Daraus war erkennbar, daß wir in Summe aus dem, was bis dahin abgear-
beitet war, 50 Wohnungen haben, bei denen sofort eine Sanierung durchge-
führt werden mußte und eine solche Sanierung angezeigt war.
Ich beziehe mich jetzt auf die letzte Spalte, das ist die Situation bei
der Bundesvermögensverwaltung. Dort sind wir nicht so ganz nahe dran
am Geschehen, weil wir natürlich auf die eigene Wohnungsbaugesellschaft
etwas kompakter zugreifen können. Die Bundesvermögensverwaltung hat noch
1.200 Wohnungen im eigenen Bestand. Wir haben, was die Kleberbefunde
angeht - Sie sehen das dargestellt - bei denen unter 10 mg noch keine
präzise Zahl von der Bundesvermögensverwaltung bekommen. Die Wohnungen
zwischen 10 und 3.000 mg sind 230 des Wohnungsbestandes, ein Wert über
3.000 mg ist bei 320 Wohnungen der Bundesvermögensverwaltung festge-
stellt worden. Die Hausstaubbefunde mit über
10 mg Benzo(a)pyren pro kg wurden uns mit 11 angegeben. Die Pestizidun-
tersuchungen, die dort auch durchgeführt worden sind, haben nach Aussage
der Bundesvermögensverwaltung dazu geführt, daß 20 Wohnungen einer
sofortigen Sanierung unterzogen werden müssen, bezogen auf Pestizid-
probleme.
Die letzte Graphik, meine Damen und Herren, soll Ihren Blick auf das
Sanierungsthema lenken. Wir haben gesagt, was die Messungen als derzei-
tiges Zwischenergebnis erbracht haben, insbesondere welche der Wohnungen
sofort und konkret in eine Sanierung hineingenommen werden müssen. Das
sehen Sie auf diesem Bild verzeichnet. Sie sehen in der ersten Spalte
die Wohnungen der Stadt Frankfurt respektive der Holding. Eine Sanie-
rungspflicht aus PAK - ich hatte das dargestellt - bezieht sich auf 20
Wohnungen, Sanierungspflicht wegen Pestizidproblemen auf 30 Wohnungen.
Der Sanierungsverlauf ist der, daß im September 1998 mit den Sanierungen
begonnen worden ist. Drei Wohnungen sind saniert, acht sind in Arbeit,
und wir gehen davon aus, daß im Dezember alle Wohnungen der Wohnungsbau
Holding saniert sind. Ich füge hinzu: Daß ich jetzt zahlenmäßig die, die
der sofortigen Sanierung zugeführt werden müssen, angesprochen habe -
ich möchte kein Mißverständnis erzeugen. Das heißt nicht, daß es nicht
einen anderen Korridor von Wohnungen gibt, bei denen wir weiterhin mit
Ihnen im Gespräch bleiben.
Ich sage zu dem Thema - dem dieser Sanierungen, die ich eben beschrieben
habe, die sofort in Angriff genommen werden mußten und genommen worden
sind, zum Teil erledigt sind, zum Teil in Arbeit sind, zum Teil in naher
Zeit vollzogen sein werden -, daß alle diese Sanierungen im Konsens
mit den Menschen, die in diesen Wohnungen leben, abgesprochen sind. Das
Thema, wer wann wohin geht, wer welche Ausgleichszahlungen erhält, die
Frage, wer wann wieder einzieht, ist ohne jede Art von Rechtsstreit bis
zum heutigen Tag im Konsens mit allen Beteiligten geklärt worden. Ich
habe mich heute noch einmal bei der Wohnungsbaugesellschaft erkundigt.
Das Geschehen kann ich aus dem täglichen Erleben heraus natürlich nicht
selbst sehen. Ich habe das aber heute und schon in den letzten Tagen,
weil ich diese Frage heute präzise beantworten wollte, abgefragt. Im
übrigen kann Herr Sommerfeldt von der Wohnungsbaugesellschaft dies gege-
benenfalls konkretisieren. Ich stelle fest und lege großen Wert darauf,
daß das so ist. Das bedeutet, meine Damen und Herren, daß diejenigen Be-
wohner der Wohnungen, bei denen der sofortige Sanierungsbedarf erforder-
lich war, sich alle in dieser Form mit der Wohnungsbaugesellschaft ver-
ständigt haben. Ich lege auf diese Feststellung großen Wert.
Bezogen auf die Bundesvermögensverwaltung sehen Sie rechts in der Spalte
die Sanierungspflicht PAK, im Sinne einer sofortigen Sanierungspflicht
elf Wohnungen, im Sinne einer Sanierungspflicht aufgrund von Pestizid-
problemen zirka 20. Die Bundesvermögensverwaltung teilte uns mit, daß
alle entsprechenden Wohnungen schon saniert seien oder gerade in Sanie-
rung befindlich seien. Das ist eine Information, die sich so wiedergebe,
wie sie uns auf Abfrage von der Bundesvermögensverwaltung gesagt worden
ist. Ich kommentiere sie nicht. Dazu habe ich auch keinen Anlaß.
Das bedeutet - und damit komme ich zum Schluß meiner einführenden
Bemerkungen, meine sehr verehrten Damen und Herren -, daß ich glaube,
behaupten zu dürfen, daß die Stadt Frankfurt sich erhebliche Mühe -
wie immer Sie das bewerten - gemacht hat, um mit dem Problem in einer
vernünftigen Weise einig zu gehen. Es bleibt festzustellen, daß auch
wir eine große Zahl von Kontakten haben zu Bürgerinnen und Bürgern, die
in diesen Wohnungen leben. Ich hatte zuweilen selbst das Vergnügen -
auch an unvermuteten Stellen - von Bürgerinnen und Bürgern angesprochen
zu werden. Eine der breitesten Kontaktfläche sind die 1.000 Bürgerinnen
und Bürger, die in unserer Umweltsprechstunde waren. Das waren Menschen,
die zu einem längeren Gespräch da waren. Fast alle Erwachsenen haben
Blut und Urin zur Verfügung gestellt. Was die Kinder betrifft, so haben
wir Blutentnahmen nicht von uns aus gemacht, wenn die Eltern das nicht
wollten, aber bei allen sind Urinproben entnommen worden. Das sage ich
ganz bewußt, denn die Behauptung nach dem Motto, wir seien weit weg,
kann ich so nicht hinnehmen. Für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
die die Sprechstunden durchführen, bedeutet das Kontakte zu pflegen,
Vorbereitung, Nachbereitung, telefonische Nachfragen, Austausch über Er-
läuterungen. Die Kontakte können Sie mit drei oder vier multiplizieren,
so daß wir mehrere Tausende von Kontakten hatten, haben für uns eine
sehr genaue Lage widergespiegelt, wie die Mehrzahl der Menschen in die-
sen Wohnungen die Situation sehen und wie man miteinander zurechtkommt.
Deshalb habe ich an dieser Stelle einen guten Seismographen dafür, und
wir werden wahrscheinlich im Laufe des Abends noch das eine oder andere
hören. Ich weise darauf hin, daß wir eine sehr breite Kontaktlinie zu
den Menschen in diesen Wohnungen haben.
Abschließend möchte ich sagen, daß wir mehr als 1.000 biomonitorische
Untersuchungen durchgeführt haben. Alle die, die eine Blut- oder Urin-
untersuchung wollten, haben sie bekommen. Alle haben ein Meßergebnis er-
halten, alle haben Beratungsangebote zu diesem Meßergebnis bekommen. Ich
schließe mit der Feststellung, daß diese so breit angelegte biomonitori-
sche Untersuchung, mit der wir uns Mühe gegeben haben und die vielleicht
Gegenstand der Erörterung sein wird - ich gehe davon aus, Herr Professor
Ewers wird auch und gerade zu diesem Thema etwas sagen können, denn das
ist sein Thema, das ist die toxikologische Frage schlechthin -, keinen
Zusammenhang zwischen den Befunden, die wir bei diesen Menschen gefunden
haben, und dem Vorhandensein dieser zitierten Schadstoffe ergeben hat.
Alle diese Auswertungen bezogen auf diese Befunde.
Vor diesem Hintergrund erlauben Sie mir die abschließende Feststellung,
daß man natürlich alles von unterschiedlichen Seiten und mit unter-
schiedlichen Augen sehen kann. Aber ich glaube, bei objektiver Würdigung
des Sachverhaltes kann man der Stadt Frankfurt nicht vorwerfen, daß sie
nicht das Möglichste getan hätte, um mit dem Problem fertig zu werden.
Meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber kann ich das zweimal
nicht so sehen. Ich kann nur feststellen, daß ich auf ein außerordent-
lich intensives Engagement gestoßen bin, und daß die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter weit über normale Dienstzeiten hinaus - das mögen Sie
belächeln und vielleicht sogar bespötteln - gearbeitet haben. Ich bin
gerne bereit, den Vergleichskampf zu machen zwischen jedem, der den per-
sönlichen Einsatz dieser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und vielleicht
denen, die nichtsdestotrotz nicht müde werden, die Arbeit dieser Mitar-
beiterinnen und Mitarbeiter zu kritisieren.
Herzlichen Dank!
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher
Bernhard Mihm:
Ich bedanke mich bei Ihnen, Herr Stadtkämmerer, für diesen einleitenden
Vortrag. Es liegen uns im Augenblick fünf Wortmeldungen aus Ihrem Kreis,
meine Damen und Herren, vor. Wir wollen nun in die Aussprache eintreten.
Als erster Rednerin darf ich Frau Christine Salzmann, die auf der Tribü-
ne Platz genommen hat, das Wort erteilen. Bitte schön!
Christine Salzmann:
Ich habe erst einmal eine kurze Frage zu den Ergebnissen des Humanbio-
monitorings, das die Stadt Frankfurt durchgeführt hat. Es ist höchst er-
staunlich, daß das Stadtgesundheitsamt Frankfurt keinerlei Zusammenhänge
zwischen Belastungssituationen in den Wohnungen und Belastungssituatio-
nen der Kinder feststellen konnte, denn wir haben uns die Mühe gemacht,
die Daten, die Frau Dr. Heudorf zusammengetragen hat, gruppiert nach
Alter, und zwar 0 Jahre, ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre, vier Jahre
und fünf Jahre, auseinanderzuklabüstern. Da sieht man eindeutig, daß die
Belastungssituation der Kinder mit dem Alter negativ korreliert ist, das
heißt, daß die Kinder und die Menschen, je näher sie dem Boden sind, ei-
ne höhere innere Belastung haben. Es ist höchst verwunderlich, daß dann
ein Stadtgesundheitsamt Frankfurt in einem Informationsblatt schreibt,
diese Zusammenhänge gäbe es nicht, und man wisse nicht, es gäbe
Klärungsbedarf. Da müssen wir doch unterstellen, daß dort Zusammenhänge
nicht gesehen werden wollten.
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher
Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, eine solche Frage sollte direkt beantwortet wer-
den. Es antwortet Frau Dr. Heudorf. Bitte schön!
Dr. Ursel Heudorf:
Ich bitte um Verständnis, daß ich zur Beantwortung dieser Frage zwei
oder drei Folien zeigen möchte. Ich möchte Frau Salzmann für ihren Re-
debeitrag danken. Aber ich möchte darauf hinweisen, daß wir dargestellt
haben, daß die Kinder höhere Werte haben als die Erwachsenen, und daß
wir das auch in einem Informationsblatt den Teilnehmern der Biomonito-
ring-Untersuchungen und in der umweltmedizinischen Sprechstunde mitge-
teilt haben. Das ist unstrittig. Ich werde jetzt eine Folie auflegen, an
der Sie das sofort erkennen können, in bezug auf PAK - das fällt Ihnen
ins Auge. Hier unten sind die Altersabhängigkeiten, und hier ist eines
der untersuchten PAK-Stoffwechselprodukte in der Höhe aufgetragen. Sie
sehen schon, daß die Kinder tendenziell höhere Werte haben als die Er-
wachsenen. Das habe ich auch immer so gesagt, es fällt ja auch ins Auge.
(Zurufe)
Herr Dichter, lassen Sie mich bitte die nächste Folie zeigen.
Das ist unstrittig, da sind wir einer Meinung. Frau Salzmann, Sie
haben gesagt, daß es beweist, daß die kleinen Kinder mehr von diesem
Bodenstaub aufgenommen haben. Das können Sie nur sagen, wenn Sie das
gegenüber der Bodenbelastung auftragen. Da sehen Sie, daß es allerdings
- das sage ich auch ganz offen, das ist eine Folie, die Kinder und
Erwachsene beinhaltet - die Höhe dieser Belastung in Beziehung gesetzt
zu der PAK-Belastung im Hausstaub, den die Leute selbst genommen
haben und beim ARGUK-Institut haben untersuchen lassen. Mir liegen 295
Ergebnisse vor, die ich teilweise schon mit den mir derzeit vorliegenden
Urinuntersuchungen in Beziehung setze. Wenn Sie jetzt sagen würden, daß
da eine klare Beziehung zwischen dem PAK-Gehalt im Urin und im Hausstaub
besteht, müßte man hier eine Linie sehen, daß da, wo der Hausstaub hoch
belastet ist, auch der Urin hoch belastet ist. Hier sehen Sie, daß diese
Zusammenhänge nicht zu erkennen sind. Das ist eine Folie mit Erwachsenen
und Kindern, man kann es aber auch nur mit Kindern zeigen.
Sie haben angesprochen, daß ich gesagt habe, daß Klärungsbedarf besteht.
Das bezog sich im wesentlichen auf die Frage der Organophosphate, also
Chlorpyrifos, und der Organophosphat-Metaboliten. Auch da haben wir das
Phänomen, daß Kinder höhere Werte haben als Erwachsene. Hier sehen Sie
wieder die Altersabhängigkeit und daß bei den Kindern ein Gipfel ist,
und die höchsten Werte bei Kindern gefunden wurden. Bei den Organophos-
phaten haben wir sechs verschiedene Stoffwechselprodukte untersucht.
Das ist das, was man zur Zeit valide untersuchen kann. Hier sehen Sie
Dimethylphosphat und Dimethylthiophosphat. Da haben Sie Werte bis zu
1.200 oder 600. Das gleiche sieht man auch bei den Ethylphosphaten.
Auch hier die Tendenz, daß Kinder höhere Werte haben als Erwachsene,
aber die Werte sind wesentlich niedriger. In den Hausstäuben ist, wenn
Organophosphate gefunden wurden, im wesentlichen Chlorpyrifos gefunden
worden. Chlorpyrifos aber wird zu Diethylphosphat abgebaut und nicht
zu Methylphosphaten. Wir haben hier auch noch einmal einen Zusammenhang
zwischen dem Chlopyrifosgehalt im Hausstaub, gesaugt von den Bewohnern
selbst, und dem, was man im Urin von Kindern und Erwachsenen finden
konnte. Hier sehen Sie keine klare Korrelation. Botschaft: Wir haben -
und das war das, worauf sich Frau Salzmann wahrscheinlich bezog - sehr
hohe Dimethylphosphatausscheidungen, auch im Kindesalter, festgestellt,
für die wir keine Erklärungen haben. Da sehen wir Klärungsbedarf. Aber
in den Wohnungen wurde vom ARGUK-Labor nicht nur Chlorpyrifos, sondern
auch andere untersucht, insbesondere auch Methylphosphate. Diese wurden
da nicht gefunden, so daß man im Moment keinen Zusammenhang zwischen den
Hausstaubuntersuchungen und den Untersuchungen bei Kindern feststellen
kann, obwohl absolut klar ist, daß Kinder höhere Werte haben als Er-
wachsene.
Stadtverordnetenvorsteher
Bernhard Mihm:
Danke schön! Als nächste hat Frau Sauer aus der Peter-Zengler-Straße das
Wort. Bitte schön!
Marion Sauer:
Sie haben eben gesagt, daß Sie alles untersucht haben. Ich habe dreißig-
mal - mehr als dreißigmal - beim Gesundheitsamt angerufen. Immer bin ich
in eine Warteschleife gesetzt worden. Ich habe keine Untersuchung machen
lassen, weil ich nicht durchgekommen bin. Sogar meinen Namen und meine
Telefonnummer habe ich mehrmals hinterlassen und bin nie zurückgerufen
worden. Manchmal mußte ich eine Stunde in der Warteschleife warten.
Stadtverordnetenvorsteher
Bernhard Mihm:
Vielleicht kann man darauf nachher eingehen.
Ich darf nun das Wort Frau Beate Hunger erteilen. Bitte schön!
Beate Hunger:
Ich habe mehrere Fragen. Erstens: Wo ist Frau Oberbürgermeisterin Roth?
Sie hat sich bis jetzt noch nicht ein einziges Mal an uns gewandt oder
uns angehört.
(Beifall)
Anhand der Ergebnisse kann man sehen, wie gut die Menschen putzen und
daß sie ihre Kinder nicht mehr auf dem Boden spielen lassen. Daher ist
es kein Wunder, daß sie das nicht aufnehmen können. Meine Kinder dürfen
nicht mehr auf dem Boden spielen.
Herr Glaser, Sie haben vorhin so wunderbar ausgeführt, was die Stadt
Frankfurt alles gemacht hat. In Nürnberg ist man im Prinzip mit der Sa-
nierung schon fertig - mit der Komplettsanierung, Boden raus. Den Leuten
geht es jetzt schon wieder ganz gut.
(Beifall)
Sie haben es bis jetzt noch nicht geschafft, unsere ausländischen
Nachbarn zu informieren. Wenn die Mieterinitiativen und ihre Nachbarn
sie nicht informiert hätten - und zwar mit mehr als acht Flugblättern -,
dann wüßten unsere ausländischen Nachbarn nicht, worum es geht. Es kann
doch nicht richtig sein, daß auf einer Informationsbroschüre des Presse-
amtes der Stadt Frankfurt zu lesen steht: "Wenn Sie das Blatt nicht ver-
standen haben, fragen Sie Ihren Nachbarn." Das ist keine Art und Weise.
Das Expertenhearing war im Februar. Wieso gibt es bis jetzt noch kein
neues? Sie sagen, Sie streben es an. Es gibt ständig neue Erkenntnisse.
Im Februar lagen offiziell acht Meßergebnisse vor, und 70 von den Leu-
ten, die das selbst haben machen lassen - bis jetzt liegen massenweise
Informationen vor -, die streiten sich immer noch, ob sie kehren oder
saugen. Es muß jetzt wohl wieder einmal ein Expertenhearing her - und
zwar nach Frankfurt.
Sie sagen, erhebliche Messungen sind schon im Mai durchgeführt worden.
Ich frage in die Runde: Bei wem ist erst im Juni gemessen worden? Es
stand fest, es gab die Weisung des hessischen Ministeriums, kehren zu
lassen und nicht zu saugen. Ich habe mich aufgrund dieser Weisung ge-
weigert, meinen Boden kehren zu lassen. Ich habe dann eine Aufforderung
bekommen, dieser Kehrprobe zuzustimmen. Natürlich habe ich ihr nicht zu-
gestimmt. Auch habe ich bis heute keinen schriftlichen Wert über meinen
Kleberbefund. Das nur zu dem, daß alle ihre Informationen bekommen ha-
ben. Auch die Mieter, die zwischenzeitlich ausgezogen sind, bekommen die
Ergebnisse nicht. Das nur zur Information.
(Beifall)
Sie sagen auch, die Leute wären im Konsens mit den Wohnungsbaugesell-
schaften. Wenn Sie die Menschen vor die Alternative stellen würden, den
Kleber drin zu lassen, eine Folie und neues Parkett oder einen anderen
Bodenbelag darüber zu legen oder den Boden herausreißen zu lassen, so
würde ich mich vor dem Leben auf der Altlast für die letzte Variante
entscheiden.
Blutentnahmen bei Kindern: Ich habe vorgeschlagen, meinen drei Kindern
Blut abnehmen zu lassen. Ihnen zu erklären, warum man ihnen in den Arm
stechen will, ist meine Sorge. Es wurde aus ethischen Gründen abgelehnt.
Daß die Kinder hier auf krebserregendem Dreck spielen, ist wohl keinen
ethischen Gedanken wert, aber ihnen in den Arm zu stechen und Blut
abzunehmen. Da muß ich mir über die Ethik Gedanken machen. Das ist nicht
ganz richtig, oder?
(Beifall)
Das Wichtigste - wie ich finde - ist im Moment, die Menschen ernst zu
nehmen und nicht so zu tun. Ich finde es eklatant. Meine Nachbarin hat
in ihrer gesaugten Hausstaubprobe einen Benzo(a)pyrengehalt von 21 mg,
im Kleberbefund 4.300 oder 4.500 mg Benzo(a)pyren und in der gekehrten
Hausstaubprobe einen Wert von 0,1 mg. Die Frau hat Löcher von der Größe
eines Duplo-Bausteins im Parkett. Davon gibt es Fotos. Jetzt überlegen
wir uns, ob wir saugen oder kehren.
Danke!
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher
Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, zur ersten Frage werde ich selbst etwas sagen.
In Hessen gilt die Magistratsverfassung. Darin ist geregelt, daß jeder
Dezernent sein Sachgebiet selbständig und eigenverantwortlich verwaltet.
Wenn heute der Gesundheitsdezernent in der Person von Herrn Stadtkämme-
rer Glaser hier ist, dann halte ich dies für die Vertretung des Magi-
strates in vollem Umfang für geboten und ausreichend.
Meine Damen und Herren, wir sollten jetzt doch die aufgelaufenen Fragen
einer Beantwortung unterziehen. Ich gebe das Wort an Herrn Stadtkämmerer
Glaser. Wenn zu wissenschaftlichen Methoden und Auswertungen noch etwas
zu sagen ist, dann geben Sie es bitte weiter, wenn Sie es selbst nicht
beantworten können.
Herr Stadtkämmerer, Sie haben das Wort. Bitte schön!
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
Herzlichen Dank! Ich möchte versuchen, das, was ich mir notiert habe,
zum Teil selbst zu beantworten, aber dann auch weiterzugeben.
Frau Hunger, die Diskussion, die wir mit dem Hearing bei uns begonnen
haben, wo wir von all diesen Institutionen, die sich damit befassen müs-
sen - Stichwort Bundesumweltamt, Landesgesundheitsministerium, Bundesan-
stalt für Umwelt -, die haben wir zusammengetrommelt, um eine Initial-
zündung zu geben in eine bundesweite Fachdiskussion, aus der ein Metho-
dengerüst herauskommen sollte und Aussagen über bestimmte Eingriffs- und
Handlungswerte. Dieser Vorgang hat zunächst einmal seinen vorläufigen
Abschluß dahingehend gefunden, daß es weitgehende Konsense gibt. Deshalb
sage ich noch einmal, daß es nicht das Thema sein sollte, demnächst wie-
der ein Hearing zu veranstalten. Ich habe prinzipiell nichts dagegen -
damit Sie mich nicht zu eng auslegen -, aber für unser Geschäft, um das
es hier geht, brauchen wir jetzt ...
(Zurufe)
Ja, um das tägliche Geschäft, nämlich sich um diese Dinge zu kümmern,
Messungen durchzuführen, Leute zu beraten, Wohnungen zu sanieren. Das
ist unser Tagesgeschäft. Das hat nichts mit Busineß zu tun, sondern mit
Arbeit.
(Zurufe)
Ich bleibe bei dem Versuch, das sachlich zu erörtern. Ihr Job ist es,
das vielleicht anders zu machen und die Veranstaltung anders zu mo-
derieren.
Es ist so fortgesetzt worden - ich habe Ihnen darüber berichtet -, daß
diese Zirkel der verschiedenen Fachinstitutionen, zu einer ganzen Reihe
von Fachkonferenzen zusammengekommen sind, um diese Dinge vorwärts zu
bewegen. Deshalb bitte ich um Verständnis, daß ich Schwierigkeiten habe
zu begreifen, was Sie mit dem Hearing wollen, denn die Behördengespräche
haben natürlich stattgefunden.
Zweitens. Die berühmte Botschaft "die haben in Nürnberg" hatten wir
bei verschiedenen Diskussionen. Doch das nähere Hinschauen hat immer
ergeben, daß es dann stets anders war als es gesagt worden ist. Ich kann
Ihnen nicht alle Einzelheiten der Nürnberger Situation darlegen. Deshalb
habe ich Schwierigkeiten zu sagen, ob man es dort besser oder schlechter
handhabt. Da müßte man genau wissen, was Sache ist, dann könnte man
darüber reden. Deshalb lassen Sie uns in Frankfurt bleiben, ehe wir von
Umständen sprechen, die wir im einzelnen nicht kennen. Das Thema "saugen
und kehren", was Sie natürlich und erwartungsgemäß apostrophieren, wird,
außer vom Hessischen Gesundheitsministerium, von den meisten anderen an-
ders gesehen.
(Zurufe)
Das Thema der Saugmethode war auch Gegenstand der gesundheitsministe-
riellen Erlasse in anderen Bundesländern. Wir haben in einer ausführli-
chen Mitteilung den Gesundheitsausschuß der Stadtverordnetenversammlung
informiert, wie die Regeln in anderen Bundesländern sind, zum Beispiel
in Baden-Württemberg das Fugenzukleben, also nicht aus den Fugen saugen.
Wir haben das alles vorgetragen. Deshalb sage ich Ihnen, es ist erstaun-
lich, daß in unterschiedlich politisch besetzten, organisierten, regier-
ten Bundesländern, in anderen Flächenstaaten, dies überwiegend ähnlich
gesehen wird wie bei uns. Ich wäre dankbar, wenn Sie das zur Kenntnis
nehmen und daraus keine Vorwurfshaltung machen.
Das Thema der Ethik und der Beratung kann ich nicht beantworten,
denn ich habe es nicht direkt miterlebt. Das Thema des mehrsprachigen
Flugblattes oder der Information in anderen Sprachen, dazu bitte ich
vielleicht auch etwas sagen, weil ich weiß, daß es Gegenstand von Erör-
terungen war. Ich weiß nicht, wie im einzelnen damit umgegangen worden
ist. Das gleiche gilt für das Thema "Mitteilungen von Werten", bei dem
Sie sagen, daß da oder dort die Werte Ihrer Wahrnehmung nach - ich weiß
nicht, woher Sie die Wahrnehmung haben -, nicht mitgeteilt wurden.
(Zurufe)
Ich weiß nicht, welche Sie meinen. Da, wo Sie nicht haben messen lassen,
bekommen Sie auch keinen Wert. Sie haben gesagt, Sie haben nicht messen
lassen, weil Sie nicht auf Kehrbasis messen lassen wollten.
(Zurufe)
Ich denke schon.
(Zurufe)
Gut. Sie sagen das mit der festen Diktion. Herr Sommerfeldt von der
Wohnungsbaugesellschaft soll dazu Stellung nehmen. Es war Aufgabe der
Wohnungsbaugesellschaft, zu organisieren, daß der Informationsfluß funk-
tioniert.
Stadtverordnetenvorsteher
Bernhard Mihm:
Danke schön! Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zu den ergänzenden
Antworten.
Dr. Margarete Peters:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte etwas zu der ethischen
Einstellung sagen. Wir haben gelernt und sind davon überzeugt, Kindern
nur in akuten Notfallsituationen Blut abzunehmen. Wir hatten die
Möglichkeit, Urin zu untersuchen, und das haben wir auch getan. Einige
niedergelassene Ärzte haben bei ein paar Kindern Blut abgenommen. Im Ge-
sundheitsamt haben wir das aus den genannten Gründen nicht getan.
Ich möchte das Problem der langen Wartezeiten ansprechen, das Sie ge-
nannt haben. Ich kann den Einzelfall jetzt nicht rekonstruieren und weiß
auch nicht, wie lange Sie gewartet haben. Wir haben zusätzlich zu den
Mitarbeitern in der Abteilung zwei weitere Mitarbeiter für diesen Be-
reich eingestellt. Es kam zu Wartezeiten, da zeitweise sehr viele Anrufe
eingingen und auch sehr viele Untersuchungen gemacht worden sind. Wir
hatten manchmal an einem Nachmittag fünfzehn Untersuchungen. Insofern
war es möglich, daß Sie ein bißchen warten mußten. Ich möchte Ihnen aber
vorschlagen, daß wir Ihre Unterlagen nehmen und Sie zu einer Untersu-
chung einladen.
Wenn es um die ausländischen Übersetzungen der Informationsblätter geht,
so haben wir es versucht, aber es hat einfach nicht geklappt, weil es
keine Personen gab, die sie uns übersetzen konnten.
(Beifall, Heiterkeit)
Wir hatten auch am runden Tisch beschlossen, Übersetzungen anfertigen zu
lassen, aber es hat einfach nicht funktioniert. Das Presse- und Informa-
tionsamt konnte nur Informationen in dieser Form, die Sie eben genannt
haben, weitergeben.
(Zurufe)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Als nächster hat Herr Sommerfeldt das Wort.
Dietrich Sommerfeldt:
Frau Hunger, Sie haben gesagt, daß wir Sie nicht ernst genommen haben.
Das bestreite ich. Wir haben in den letzten zwei Monaten gerade mit
Ihnen sehr viele Gespräche - Sie werden sich erinnern - über Miethöhen,
Mietzahlungen und über die Art der Sanierung in Ihrer Wohnung geführt.
(Zurufe)
Wir haben mit Ihnen inzwischen eine schriftliche Vereinbarung darüber
getroffen, daß und wie diese Minderungsmaßnahmen in Ihrer Wohnung durch-
geführt werden.
(Zurufe)
Ich gehe auf den Vorwurf von Frau Hunger ein. Wir haben reagiert und
eine Vereinbarung mit Frau Hunger getroffen, die schriftlich vorliegt.
Insofern verstehe ich den Vorwurf nicht.
Es ist aber richtig, daß Sie zu den Verweigerern bestimmter Messungen
gehören, und wir haben uns trotzdem Mühe gegeben, mit Ihnen in Kontakt
zu treten und ein Sanierungskonzept abzustimmen.
Zu den übrigen Fragen: Wir haben etwa ...
(Zurufe, Heiterkeit)
Frau Klein, bei uns in der ABG Frankfurt Holding erledigen nicht nur
zwei Personen all diese Dinge - ich möchte nicht wieder auf den Begriff
des "Geschäftes" eingehen -, sondern es gibt noch weitere Mitarbeiter.
Ich möchte betonen, daß gerade in den letzten Tagen zwei Mitarbeiter
unseres Hauses bei Ihnen waren, Frau Gottwald und Herr Kimme, die erste
Absprachen mit Ihnen getroffen haben und in den nächsten Tagen weitere
Absprachen treffen werden. Insofern, denke ich, sind wir am Ball und
versuchen, mit den Mietern direkt in Kontakt zu treten.
(Zurufe)
Wir teilen die Meßergebnisse mit, wenn ein Vertragsverhältnis vorliegt.
Denjenigen, mit denen wir kein Vertragsverhältnis haben, teilen wir die
Meßergebnisse nicht mehr mit.
(Zurufe, Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten - und jetzt kommt wieder
das Wort "Geschäft" -, sich an die Geschäftsordnung zu halten. Wer
Ausführungen machen möchte, den darf ich bitten, sich zu Wort zu melden.
Ich werde allerdings aufgrund der jetzt vorliegenden 17 Wortmeldungen
und einer vorgesehenen Fraktionsrunde in absehbarer Zeit die Rednerliste
schließen müssen, denn wenn ich bei jedem Redner fünf Minuten zugrunde
lege, würde das bereits bis 21.30 Uhr dauern, ohne daß die Auskünfte der
Verwaltung oder der Vertreter der Gesellschaften mit eingerechnet sind.
Ich kann daher nicht mehr alle Redner zu Wort kommen lassen.
Als nächster hat Herr Dursun das Wort.
Orman Dursun:
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung und der kommuna-
len Ausländervertretung der Stadt Frankfurt am Main,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich freue mich sehr, daß wir durch diese Bürgerversammlung endlich eine
Gelegenheit bekommen haben, unsere Probleme, nämlich die Verseuchung der
ehemaligen US-Areale durch gesundheitsgefährdende Chemikalien, an die
verantwortlichen Stellen weiterzuleiten. Ich hoffe, daß diese Bürgerver-
sammlung zur endgültigen Lösung unseres Problems beiträgt.
Die Diskussion über die Verseuchung der US-Areale läuft seit Jahren,
ohne daß bis heute eine Lösung gefunden wurde. Vor einigen Monaten hat
die Frankfurter Aufbau AG in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt der Stadt
Frankfurt am Main Untersuchungen von Parkettkleber und Hausstaubproben
durchgeführt. Als Ergebnis wurde uns mitgeteilt, daß in den Wohnungen,
in denen wir wohnen, kein akuter Handlungsbedarf besteht. Im Frühjahr
hatte ich auf meine Kosten ein unabhängiges Umweltlabor beauftragt,
Hausstaubmessungen durchzuführen. Diese Messungen ergaben ganz andere
Werte. Es wurden die folgenden gesundheitsgefährdenden Substanzen nach-
gewiesen: PAK, PCB, Chlorpyrifos, DDT und PCP. Bei Chlorpyrifos und PAK
besteht nach dem Bericht des unabhängigen Umweltlabors ein akuter Hand-
lungsbedarf.
Die Wohnungen meiner Nachbarn, die auch in den ehemaligen US-Wohnungen
wohnen, wurden ebenfalls von der Frankfurter Aufbau AG auf gesundheits-
gefährdende Substanzen untersucht. Die Nachbarn bekamen ein Schreiben,
wonach die gefundenen Substanzen weit unter dem Grenzwert liegen und
daher kein Handlungsbedarf besteht. Dagegen hat das private Umweltlabor
bei allen Nachbarn vorher Belastungen an PAK, PCB, Chlorpyrifos, DDT
und PCP festgestellt und bei PAK und Chlorpyrifos akuten Handlungsbedarf
bescheinigt. Bei näherer Betrachtung der von der FAAG gemessenen Werte
kann man beim Vergleich mit den anderen Nachbarn kaum Unterschiede fest-
stellen. Die Meßwerte des unabhängigen Umweltlabors sehen glaubwürdiger
aus, weil dessen Werte im Vergleich mit den Werten der Nachbarwohnungen
differenzierter sind als die von der FAAG gemessenen Werte.
Als Bewohner der ehemaligen US-Wohnungen sind wir von der Verseuchung
der Wohnungen mit gesundheitsgefährdenden Chemikalien direkt betroffen.
Die Alibimessungen der FAAG in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt, auf-
grund derer uns als Ergebnis "kein akuter Handlungsbedarf" bescheinigt
wird, können uns überhaupt nicht beruhigen. Wir können und wollen
nicht zusehen, wie unsere Kinder, denen wir unsere Zukunft anvertrauen,
täglich vergiftet werden. Die Ergebnisse des unabhängigen Labors belegen
eindeutig, daß die ehemaligen US-Areale, in denen wir wohnen, mit
gesundheitsgefährdenden und cancerogenen Substanzen verseucht sind. Wir
müssen jetzt schon tagtäglich feststellen, daß unsere Kinder aufgrund
der giftigen Chemikalien öfter krank werden, als es bisher der Fall war.
Wir wollen nicht, daß wir und unsere Kinder nach zehn Jahren an Krebs
erkranken und sterben.
Unsere Probleme sind so ernst, daß sie nicht für parteitaktische
und parteipolitische Zwecke mißbraucht werden dürfen. Sowohl die
Wohnungsgesellschaften als auch die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt
am Main, insbesondere der Magistrat und die Oberbürgermeisterin, sind
aufgefordert, zu handeln und dieses Problem sofort zu lösen. Als Bewoh-
ner der ehemaligen US-Wohnungen fordern wir die Sanierung, das heißt die
Entgiftung der Wohnungen auf Kosten der Stadt Frankfurt am Main oder der
Wohnungsgesellschaften.
(Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß Ihre Redezeit zu Ende geht.
Orman Dursun:
(fortfahrend)
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum weiteren Verfahren darf ich
folgendes anmerken: Es ist jetzt der fünfte Redner an der Reihe. Nach
der zehnten Wortmeldung werden wir eine Fraktionsrunde einschieben. Ich
bitte die verschiedenen Fraktionen, wenn sie es wünschen, eine Wort-
meldung abzugeben. Auch die Fraktionssprecher sollten nur fünf Minuten
Redezeit in Anspruch nehmen. Dann geht es weiter. Nachdem mir inzwischen
21 Wortmeldungen vorliegen, schließe ich vorläufig die Rednerliste. Man
wird, wenn diese Liste bis 21.30 Uhr abgearbeitet ist, überlegen müssen,
ob man noch eine weitere Runde anhängt, aber rechnerisch sind wir dann
schon bei 22.00 Uhr.
Als nächster hat Herr Jürgen Eiselt das Wort.
Jürgen Eiselt:
Es ist jetzt fast ein Jahr her, daß ich an der ersten Veranstaltung über
Schadstoffe in der Edwards-Siedlung teilgenommen habe. Genauso lange
werden die Ängste, Sorgen und Wünsche der Mieter von den Vertretern
der ABG Frankfurt Holding, des Bundesvermögensamtes und des Magistrats
nicht ernst genommen und sogar bekämpft. Mit Ausnahme der bekannten
Veranstaltung in der Nordweststadt und der wenigen Flugblätter ist die
Kommunikation ausschließlich über die Medien gelaufen. Wenn die Devise
"Gemeinsame Diskussion statt Konfrontation" gewesen wäre, dann wäre das
Desaster um die richtigen Meßmethoden überhaupt nicht entstanden. Die
Mieter hatten schon lange vor der - zumindest umstrittenen - Meßmethode
gewarnt, wir haben das eben schon gehört. Es gab Briefe, Einladungen und
Aufforderungen sowie dringliche Empfehlungen des hessischen Umweltmini-
steriums, diese umzusetzen, doch es kam nichts herüber. Die Frage nach
der Oberbürgermeisterin stelle ich jetzt noch einmal und hätte darauf
gerne eine Antwort.
Den Mietern allerdings, die diese Fragen gestellt hatten, wurde Inkompe-
tenz und sogar Manipulation vorgeworfen, und genau das ist der Stil, der
die Mieter so in Rage bringt. Zeitweise ist auch Arroganz dabei, wenn
Mieter hinausgeklagt werden oder ihnen das entgegengebracht wird, was
von seiten der Holding kommt. Auch Sie, Herr Glaser, haben in dieser An-
hörung in der Nordweststadt auf meine Frage hin zweimal gesagt, es werde
flächendeckend saniert und es würden Messungen erfolgen. Sie haben das
aber ein paar Tage später - ich habe mir das bestätigen lassen, und es
stand auch in der Zeitung - im Ausschuß wieder dementiert und dies mit
dem Druck der Veranstaltung begründet. Herr Glaser, das ist nicht die
Art und Weise, wie man Vertrauen schafft, sondern so bringt man ein Miß-
trauen in die Sache hinein, das von allen Seiten moniert wird.
Es ist nicht verwunderlich, daß die Mieter kompetent geworden sind. Sie
haben es schon gehört, sie können heute chemische Begriffe aussprechen,
die sie vorher nicht einmal gekannt haben. Es gibt aber auch Dinge in
der Stadtverordnetenversammlung, die haarsträubend sind. Ich war bei der
letzten Sitzung des Ausschusses für Planen und Bauen selbst anwesend und
konnte mir wörtlich anhören, wie eine Stadtverordnete des Ausschusses -
ich glaube, es war Frau Krauße - wörtlich gesagt hat, diese Veranstal-
tung hier und heute sei "absoluter Blödsinn und völlig unnötig".
(Zurufe)
Ich habe es gehört, und es bezog sich auf diese Frage. Sie haben es
selbst gesagt. Das ist der Stil, der überall den Mietern entgegenge-
bracht wird. Ich möchte, daß genau das Gegenteil eintritt, daß wir end-
lich einmal zu einer Diskussion kommen, daß wir nicht immer Verleumdun-
gen oder gegenseitige Vorwürfe über die Medien austauschen. Die Mieter
haben eine oder mehrere Veranstaltungen im Monat durchgeführt, und es
wurden immer wieder Vertreter der Holding und der Ämter eingeladen. Es
wurden immer wieder Vertreter des Bundesvermögensamtes eingeladen, doch
niemals ist jemand gekommen, niemals gab es eine Entschuldigung. Warum?
Das ist die Frage.
(Beifall)
Sie müssen wirklich einmal mit den Mietern einen Konsens suchen und
nicht die Konfrontation. Es kann doch nicht angehen, daß solche Sachen
passieren wie diese Maßnahmen, die bei einem Mieter ergriffen wurden,
der - das möchte ich einmal so sagen - hinausgeklagt wurde, dem vor
einem Gerichtstermin sein Parkettboden und seine Wandschränke entfernt
wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen Körperverletzung,
und auch die Polizeiabteilung Umweltkriminalität ermittelt. Das sind
alles Dinge, die einfach nicht hätten sein müssen, wenn man sich vorher
zusammengerauft hätte und man wirklich zu einer Diskussion gekommen
wäre.
Zum Schluß möchte ich einfach sagen: Die leeren Wohnungen, die da sind,
müssen wieder belegt werden.
(Glocke)
Diese Wohnungen werden dann von Leuten belegt, die nicht so viel Ahnung
haben. Die Hauptsache für sie ist es, eine Wohnung zu haben. Wenn
diese uninformierten Mieter dort einziehen, dann bekommen wir sozusagen
Sprengstoff, die soziale Mischung wird nicht mehr da sein. Wir haben
jetzt schon das Problem, daß kein Gleichgewicht mehr da ist. Diejenigen,
die es sich leisten konnten, sind weggezogen. Diejenigen, die dableiben
müssen, warten darauf, daß doch noch etwas passiert. Ich fordere Sie
auf, bei der nächsten Mieterversammlung anwesend zu sein. Wir werden es
registrieren und die Medien informieren. Ansonsten müßte man wirklich
sagen, es ist Feigheit.
(Beifall)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Als nächster hat Herr Stadtkämmerer Glaser das Wort.
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
Sehr verehrter Herr Eiselt, ich möchte nur zu zwei Punkten, die Sie
genannt haben, Stellung nehmen. Der erste ist, daß Sie behaupten, ich
hätte irgend etwas - Sie haben es nicht näher bezeichnet - gegenüber
dem Gesundheitsausschuß der Stadtverordnetenversammlung zurückgenommen,
was ich zuvor bei der Bürgerversammlung oder auf der Mieterversammlung
in der Nordweststadt gesagt hatte. Ich stelle fest, Herr Eiselt, das ist
objektiv unrichtig, und wenn Sie sich der Unrichtigkeit bewußt sind, ist
es auch unwahr. Ich bitte Sie, dafür den Beweis anzutreten oder es zu-
rückzunehmen, Herr Eiselt. Sie scheinen das aber häufiger zu machen. Ich
glaube, Frau Stadtverordnete Krauße haben Sie ebenfalls mißverstanden -
um es vorsichtig auszudrücken. Herr Eiselt, das ist nicht die Art, wie
man miteinander zurechtkommt.
(Zurufe)
Ich nenne einen zweiten Punkt. Das ist das Thema der Medien und des Kon-
taktes. Herr Eiselt, wir haben miteinander versucht, einen runden Tisch
zu gründen. Ich habe das versprochen und es bei der Veranstaltung in der
Nordweststadt angeboten. Das hat mit Feigheit vor dem Feind oder vor wem
auch immer nichts zu tun. Das ist auch gar nicht unser Problem. Dort
haben wir uns unter den Rahmenbedingungen eines runden Tisches in einem
überschaubaren, kleinen Raum unter externer Moderation zusammengesetzt.
Wie haben von uns aus angeboten, damit überhaupt keine Probleme mit der
Worterteilung und sonstigem entstehen, einen völlig unabhängigen, frem-
den Moderator einzubeziehen. Das haben wir getan, und er hat auch dieses
Gespräch moderiert.
(Zurufe)
Das sage ich Ihnen gerade. Dieser runde Tisch, Herr Eiselt, hat unter
Abläufen stattgefunden, die von der Art waren, wie Sie sie offenbar auch
an den Tag legen, nämlich in einer Atmosphäre der Beschuldigungen, der
Vorwürfe und der Unwahrhaftigkeit. Es war trotz der Vereinbarung, wie
man zu einem Protokoll über diese Veranstaltung kommt, nicht möglich,
im Nachgang dazu überhaupt so etwas wie ein Protokoll miteinander
abzustimmen und eine Unterschrift dafür zu bekommen. Eine Mitarbeiterin
des Presseamtes der Stadt hat sich tagelang mit nichts anderem befaßt
als mit der Protokollabstimmung. Dies, Herr Eiselt, müssen Sie einfach
sehen, wenn Sie einfordern, daß man miteinander zu einem Konsens kommt.
Wir können mit Tausenden von Bürgern, die mit uns sprechen, kooperieren.
Es funktioniert, und wie Sie gesehen haben, kommen da sogar Verträge
zustande. Das Wesentliche von Verträgen ist, daß sich zwei Personen
vernünftig miteinander verständigen. Deshalb sind Ihre Beschuldigungen,
hier würden Kommunikationspflichten unterlassen oder es gebe sonst ir-
gendeine Beanstandung, nicht aufrechtzuerhalten.
(Zurufe)
Das ist eine unbeweisbare Behauptung.
(Zurufe)
So viele Briefe ...
(Zurufe)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Ich darf Sie bitten, jetzt nicht in längere Zwiegespräche einzutreten.
(Zurufe)
Ich nehme an, daß im Laufe des Abends darauf noch eine Antwort gegeben
wird.
Meine Damen und Herren, Sie werden bemerkt haben, daß hier am Präsidium-
stisch ein Wechsel stattgefunden hat. Ich möchte mich an dieser Stelle
vorstellen: Mein Name ist Ute Hochgrebe, und ich bin die stellvertreten-
de Stadtverordnetenvorsteherin - damit Sie wissen, wer hier oben sitzt.
Herr Mihm und ich wechseln uns heute abend bei der Versammlungsleitung
ab.
Als nächste hat Frau Barbara Wirtz das Wort.
Barbara Wirtz:
Guten Abend, mein Name ist Barbara Wirtz. Ich bewohne eine Housing-Woh-
nung in Eckenheim, die dem Bund gehört, und bin seit über einem Jahr ak-
tiv in dieser Schadstoff-Initiative, in der Arbeitsgruppe ebenso wie in
einer der vielen Initiativen, die sich in den Siedlungen gegründet ha-
ben. Ich möchte einige kurze Vorbemerkungen machen: Ich hatte eigentlich
vor, ein paar inhaltliche Fragen zu stellen. Ich glaube, das erübrigt
sich, denn es hat schon im Vorfeld so viele Ungereimtheiten gegeben.
Ich möchte nur kurz erwähnen, daß ich gestern noch einen Anruf aus dem
Stadtverordnetenbüro erhalten habe, in dem mir gesagt wurde, es sei kein
Vertreter der Holding anwesend, folglich auch niemand vom Bundesvermö-
gensamt. Wir sehen, es ist doch ein Vertreter der Holding da.
Der nächste Punkt ist der, daß von den acht Informationsblättern, die
Herr Glaser herausgegeben hat, in der Siedlung, in der ich wohne, zwei
angekommen sind - in der gesamten Housing. Weiterhin staune ich, daß
sich Frau Dr. Heudorf immer noch auf Folien bezieht, die vom ARGUK-In-
stitut sind, das doch aber inzwischen so furchtbar verteufelt ist, weil
es die schrecklichen Staubmessungen gemacht hat, die alle hohe Werte
ergeben haben. Trotzdem bezieht sie sich auf diese Folien. Es passieren
permanent Dinge, die widersprüchlich sind. Ich war übrigens auch bei
diesem runden Tisch anwesend, und die Atmosphäre an diesem Abend war
ausgesprochen angenehm. Es gab eine sachliche Auseinandersetzung über
die Thematik. Es war klar, daß das Protokoll abgestimmt werden mußte,
doch es kam zu keiner Abstimmung. Das ist ein ganz normaler, demokrati-
scher Vorgang.
Ich stelle meine Fragen nicht, weil alles, was sich hier widerspiegelt,
sich eigentlich auf eine Sache reduzieren läßt: Die Stadt, die Holding
und das Bundesvermögensamt haben Zeit, Geld und Macht; wir haben keine
Zeit, wir haben kein Geld, und wir haben eine sehr schwache Lobby. Das
Problem ist Ihnen allen schon sehr viel länger bekannt als seit diesem
genannten Zeitraum, auf den sich die Folie bezieht, schon mindestens ein
halbes Jahr. Ich möchte an der Stelle auch noch einmal den Leuten, die
von Anfang an in den Initiativen waren, sehr herzlich danken, daß sie
die Stadt immer wieder getreten haben, damit sie überhaupt in die Gänge
kommt.
Ich möchte noch folgendes ansprechen: Es gab jetzt eine Entwarnung
für fast alle Wohnungen. Trotzdem sollen wir weiterhin vorsichtshalber
feucht wischen; trotzdem stehen alle Wohnungen, aus denen Leute - warum
auch immer - ausgezogen sind, leer, und sie werden auch nicht vermietet;
trotzdem haben wir auch diesen Monat wieder von der Frankfurter Entsor-
gungs- und Service GmbH ein Schreiben bekommen, aus dem hervorgeht, daß
jemand, dessen Wohnung einen BaP-Gehalt von müden 0,5 Prozent hat, seine
Staubsaugerbeutel als Sondermüll beim Schadstoffmobil entsorgen muß.
(Beifall)
Diese FES-Informationen wurden übrigens, nachdem es mehrfach hieß,
sie seien so nicht haltbar, durch das staatliche Umweltamt und das
Regierungspräsidium Darmstadt bestätigt. Das haben wir alles schriftlich
vorliegen.
Nächster Punkt: Ich finde es genauso erstaunlich, daß wir von ebendieser
Stelle erfahren haben - das wissen viele sicherlich gar nicht, weil uns
niemand darüber informiert -, daß sämtlicher Sperrmüll, der in Housings
anfällt, anders behandelt wird als Sperrmüll aus dem restlichen Frank-
furt, der nach Wicker zur Sortieranlage gefahren wird. Unser Sperrmüll,
das heißt jeder Stuhl, jeder Tisch, jeder Bilderrahmen, alles, was sich
in einer Wohnung der Housings befunden hat, wird sofort in die Müllver-
brennungsanlage in der Nordweststadt gekarrt, weil es sein könnte, daß
sonst Leute, die sich diese Möbel in ihre Wohnung holen, vielleicht
gesundheitliche Schäden erleiden. Ich denke, das sollte man sich einmal
ganz gemächlich auf der Zunge zergehen lassen, daß wir in völlig
unproblematischen Wohnungen wohnen, aber unser sämtlicher Staub, unser
sämtlicher Müll, alles, was sich in diesen Wohnungen befindet, gesondert
behandelt wird. Ich möchte einfach eine Stellungnahme haben, wie sich
diese Widersprüche erklären.
Vielen Dank!
(Beifall)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Als nächste hat Frau Christine Salzmann auf der Tribüne das Wort. Bitte
schön!
Christine Salzmann:
Ich glaube, der Stadt fehlen viele Antworten.
(Beifall)
Ich möchte meine Wortmeldung an Herrn Dr. Stück weitergeben, der heute
abend angereist ist, um uns etwas zu diesem Thema zu erzählen.
Dr. Stück:
Mein Name ist Dr. Stück, ich bin Umweltmediziner und habe die Ehre
gehabt, die Umweltmedizin als wissenschaftliche Disziplin mit aus der
Taufe zu heben. Ich möchte aus ärztlicher Sicht etwas sagen und auch als
Bürger, der über die Vorgehensweise hier sehr befremdet ist.
Zunächst fällt auf, daß die Menschen ungeheuer verunsichert und besorgt
sind. Ich denke, der psychische Zustand, in dem sie mit ihren Kindern
umgehen, ist für die Gesundheit der Kinder sicherlich nicht zuträglich,
und diese Besorgtheit, manchmal auch Überbesorgtheit, hängt sicher damit
zusammen, wie man mit ihrem Problem umgeht. Ich denke, hier fehlt es
nicht nur an Feingefühl, sondern auch an Verantwortungsbewußtsein. Ich
bitte darum, daß man, um einmal ein paar Dinge zu nennen, mit diesem
Werfen von Nebelbomben aufhört, denn in diesem Stadium scheint man hier
zu sein.
Von der wissenschaftlichen Seite her muß zunächst einmal gesagt werden,
daß die Untersuchungsmethoden relativ neu sind. Sie sind fragwürdig und
umstritten. Da gibt es Leute, die sagen, man müsse außerhalb der Dielen-
fugen messen, 0,8 Zentimeter je Diele, ein Zentimeter Abstand, Probeent-
nahmen, Kopf normiert, 15 Milliliter pro Minute - wie es in Baden-Würt-
temberg geschieht -, auf Glasfaserfilter, vorher und hinterher wiegen;
und es gibt andere, die behaupten das Gegenteil. Ich denke, wir kommen
so nicht weiter. Wir müssen aufhören zu messen. Ich möchte Ihnen das
auch gleich begründen.
(Beifall)
Der zweite Punkte ist, daß alle Grenzwerte, technischen Richtwerte et
cetera politische Werte und höchst fragwürdig sind. Sie bieten den Be-
wohnern oder den Betroffenen nicht die geringste Spur von gesundheitli-
cher Sicherheit. Das muß als zweites erwähnt werden.
(Beifall)
Um dies noch etwas auszudehnen: Es gibt für die Substanzen, um die es
sich handelt, wie zum Beispiel für die Phosphorsäureester, noch nicht
einmal einen gesetzlichen Eingreifwert. Für DDT gibt es keinen Richt-
wert. Wir sind am Anfang einer Disziplin, aber eines steht fest: Es han-
delt sich um ein Schadstoffgemisch, dem Menschen über die Hintergrundbe-
lastung ausgesetzt sind. Hierbei handelt es sich um PAK, und das sind
nach gesicherten Erkenntnissen krebserregende Substanzen. Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft hat vor Jahren mit Recht abgelehnt, daß es Grenz-
werte gibt, das heißt unbedenkliche Werte; es gibt nur die technischen
Richtwerte. Jedes Mehr an PAK heißt, daß ein bestimmter Prozentsatz der
Bevölkerung über das notwendige Maß hinaus zusätzlich an Krebs erkranken
muß. Das als erstes.
Der zweite Punkt ist: Es handelt sich hier insbesondere um junge Fami-
lien und Familien mit Kindern. Ich denke, in der bayrischen Verfassung
heißt es zwar, daß Kinder das köstlichste Gut eines Volkes sind, aber
uns wurden gerade in der letzten Zeit bis zum Erbrechen Bilder von
Politikern mit Kindern auf dem Arm gezeigt. Die Plakate werden jetzt
entsorgt. Ich stelle fest: Das interessiert offensichtlich niemanden.
Alle Werte gelten für den Durchschnittsmenschen und nicht für besondere
Risikogruppen in der Bevölkerung. Wer sich mit Umweltmedizin befaßt,
weiß, daß selbst innerhalb zulässiger Grenzwerte Menschen schwer er-
kranken können, weil unterschiedliche Entgiftungssysteme und Defekte in
der Bevölkerung vorliegen. Man schätzt, daß 35 Prozent der Bevölkerung
irgendeinen enzymatischen Defekt in der Entgiftung haben. Wenn Sie jetzt
noch von den Urinmessungen bei Kindern erzählen, dann ist das geradezu
die Spitze. Es wurden Phosphorsäureester und Pyrethroide festgestellt.
Wenn zum Beispiel Dichlorvos oder Chlorpyrifos vorhanden sind, dann wird
der Abbau der Permethrine gestoppt beziehungsweise verlangsamt.
(Zurufe)
Lassen Sie mich bitte zu Ende reden.
(Zurufe)
Dieser Abbau wird behindert, das heißt, Sie messen dann keine Pyrethroi-
de im Urin der Kinder, aber nicht, weil sie keine Belastung haben, son-
dern weil das alles ins Gehirn geht.
Nach Angaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft werden die Phosphor-
säureester als gesicherte neurotoxische Substanzen gewertet und sind in
der Liste 31 aufgeführt. Es handelt sich um Substanzen, die insbesondere
Kinder schädigen. Wir als Ärzte wissen, daß man Kinder bis zum sechsten
oder siebten Lebensjahr grundsätzlich nur bei ganz strenger und vitaler
Indikation röntgt, nämlich deshalb, weil die Gehirnzellen noch nicht
ausgereift sind und eine extreme Sensibilität haben. Daß heißt, daß das,
was bei Erwachsenen schon Hirnschäden verursacht, für Kinder geradezu
fatal ist. Wir könnten jetzt auf Details noch genauer eingehen, und ich
stelle mich dem gern, aber ich möchte zum Schluß kommen und um eines
bitten: Bitte hören Sie auf zu messen. Helfen Sie den Menschen, und wen-
den Sie keine weiteren Verschleppungstaktiken wie Hearings, Zusatzmes-
sungen und Hausbegehungen an. Es muß etwas vor Ort geschehen.
(Beifall)
Es ist außerhalb jeden Zweifels und aller politischen Lager, daß das,
was hier vorliegt, extrem gesundheitsgefährdende bis krebserregende Sub-
stanzen sind, denen insbesondere viele Kinder ausgesetzt sind. Es bedarf
der Sanierung, nicht des Redens. Für diese Sanierung würde ich folgende
Maßnahmen vorschlagen: ...
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Ich darf Sie bitten, zum Schluß zu kommen. Wir haben vorher gesagt, je-
der hat fünf Minuten Redezeit. Wir sind jetzt bei siebeneinhalb Minuten,
ich bin also wirklich sehr tolerant gewesen, auch, was Ihre Wortmeldung
anbelangt, denn Ihre Wortmeldung ist dazwischengeschoben worden. Sie
müssen es mir als Versammlungsleiterin zugestehen, daß ich Sie darauf
aufmerksam mache. Wir haben wirklich alle Möglichkeiten ausgenutzt. Bit-
te kommen Sie zum Schluß.
Herr Dr. Stück:
(fortfahrend)
Die Wortmeldung ist nicht dazwischengeschoben worden, ich war bei Ihnen
angemeldet. Vielleicht schauen Sie Ihre Unterlagen noch einmal genau
durch.
Ich betreue eine Reihe von Patienten aus den Housings, die wegen der
Unglaubwürdigkeit dessen, was hier stattfindet, den Weg bis nach Koblenz
in meine Praxis finden, und ich möchte abschließend noch sagen, daß man
folgendes machen sollte: Wer weiß, wie die Amerikaner gelebt haben, der
weiß, daß die Schadstoffbelastungen mit Insektiziden durch die Kammerjä-
ger unterschiedlich waren. Die Schadstoffkonzentrationen befinden sich
in den Küchen, in den Einbaumöbeln. Diese müßten beseitigt werden, das
ist kein relevanter Kostenfaktor.
Zweitens: In den Bädern, Küchen, Kinderzimmern und Schlafzimmern wurde
erheblich weniger oder seltener mit Pestiziden umgegangen. Ich kenne
diese Familien - die Amerikaner - und habe Erkundigungen eingeholt, wie
das praktisch gehandhabt wurde. Zuerst müssen alle Wohnungen saniert
werden, wo die Parkettböden Spalten zeigen und undicht sind. Da muß man
eine Wohnungsbegehung machen. Das könnte man blitzschnell durchführen,
und diese Wohnungen müßten als erste saniert werden.
Den Menschen, die hier wohnen, möchte ich noch sagen, was sie selbst tun
können, bis solche Maßnahmen greifen: Sie können einfach eine Valotec-
Tapete oder eine Polyethylenfolie kaufen, den Teppichboden darüberlegen
und diesen am Rand verkleben. Dann können Sie Ihr Kind wieder auf dem
Boden spielen lassen, und damit haben Sie einen vorläufigen Schutz.
Mein Schlußappell: Aus ärztlicher Sicht ist es unverantwortlich, weiter
zu messen, Hearings zu veranstalten und Nebelbomben zu werfen. Ich bin
seit 20 Jahren engagiert im Bereich des Umweltschutzes tätig, und es
läuft immer dieses miese Schema ab: Erst wird ignoriert, dann wird
abgewiegelt, dann wird aufgeschoben, dann wird abgelenkt - hier sind wir
jetzt -, dann werden weitere Schuldige gesucht, dann wird gedroht, dann
wird um Geld und um Zeit gefeilscht, und dann wird endlich saniert. Ich
gehöre leider zu den Leuten, die die Opfer dieser miesen Politik betreu-
en müssen.
Ich danke Ihnen!
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß wir uns wirklich sehr tole-
rant verhalten haben, was Ihre Redezeit betrifft.
Herr Glaser, möchten Sie gleich darauf antworten oder die Fragen
sammeln?
(Zurufe)
Gut.
Als nächster hat Herr Professor Dr. Ewers das Wort.
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
Guten Abend, meine Damen und Herren!
Mein Name ist Ulrich Ewers. Ich wurde kurzfristig gebeten, an der
heutigen Veranstaltung teilzunehmen. Ich arbeite am Hygieneinstitut des
Ruhrgebietes in Gelsenkirchen und war an den hiesigen Vorgängen, Unter-
suchungen und Diskussionen nicht beteiligt. Ich habe die Vorgänge in
Frankfurt natürlich aus der Ferne verfolgt.
Herr Glaser und Frau Dr. Heudorf haben schon darauf hingewiesen, daß
die Problematik PAK-haltiger Pakettkleber bundesweit in Fachkreisen
diskutiert wurde und wird. Einzelheiten über die Vorgänge in Frankfurt
habe ich im August 1998 gehört, als nämlich in Gießen der zweite Kongreß
der Internationalen Gesellschaft für Umweltmedizin stattfand. Auf diesem
Kongreß haben Frau Dr. Heudorf und andere Wissenschaftler über die
Untersuchungen in Frankfurt, Erlangen und Herzogenaurach berichtet. Auf
dem Kongreß war ein maßgeblicher Teil der Umweltmediziner Deutschlands
vertreten, und es wurde den ganzen Sonntagvormittag über diese Problema-
tik diskutiert. Ich darf an dieser Stelle aus der Diskussion dort, aber
auch aus anderen Fachdiskussionen berichten und zu dem einen oder ande-
ren Punkt Stellung nehmen. Es mag für Sie von Interesse sein, sich das
einmal von jemandem anzuhören, der von außen kommt und einen gewissen
Abstand zu den hiesigen Vorgängen hat. Ihr Urteil müssen Sie sich selbst
bilden, das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Das kann
und will ich Ihnen nicht abnehmen. Sie müssen sich nach Lage der Dinge
und nach Prüfung der einzelnen Argumente Ihr Urteil selbst bilden.
Zunächst zu einem Punkt, auf den Herr Dr. Stück zu Recht hingewiesen
hat: Es gibt für PAK oder Pestizide im Haustaub oder in irgendwelchen
anderen Materialien - ich schließe einmal die Lebensmittel aus - keine
gesetzlich festgelegten Grenzwerte. Es gibt in der Fachwelt auch keine
allgemein anerkannten Richtwerte oder sonstigen Beurteilungswerte. Das
Problem hoher PAK-Gehalte im Hausstaub und auch das Vorkommen von
Pesitiziden im Haustaub ist recht neu, und man hat in Fachkreisen
versucht, hierfür erste Beurteilungsmaßstäbe - so möchte ich sie
einmal nennen - zu entwickeln, und zwar aufgrund von toxikologischen
Überlegungen und auch aufgrund von Annahmen, welche Mengen an Staub von
Menschen verschluckt oder eingeatmet, also aufgenommen werden. Das sind
Werteableitungen, die man im einzelnen natürlich angreifen kann, weil
unterschiedliche Annahmen zugrunde gelegt wurden. Man kann durch andere
Annahmen auch zu ganz anderen Werten kommen, aber das sind nun einmal
Beurteilungswerte - ich spreche wie gesagt nicht von Richtwerten oder
gar von Grenzwerten -, die eben in Fachkreisen diskutiert wurden, die
man gedanklich nachvollziehen kann und die durchaus eine Plausibilität
haben. Bei all diesen Werteableitungen sind konservative Kriterien ange-
legt worden, das heißt, man hat bewußt versucht, auf der sicheren Seite
zu bleiben, die Werte also so abzuleiten, daß Gesundheitsgefahren in der
Tat mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden und ausgeschlossen werden.
Ich möchte kurz einen zweiten Aspekt ansprechen, über den man sich in
der Fachwelt einig ist: Hausstaub ist eine sehr schwierige und schwer zu
definierende Matrix. Man weiß nicht, woher er kommt, wie alt er ist, wie
stark er mit anderen Materialien, etwa Sand, der aus dem Straßenstaub
von außen hereingetragen wird, durchmischt ist. Von daher muß man sagen,
daß alle Analysewerte, die sich auf Hausstaubproben beziehen, mit einer
nicht unerheblichen Unsicherheit und Streuung behaftet sind. Man sollte
sich bei der Bewertung von Schadstoffkonzentrationen im Hausstaub daher
nicht auf einzelne Zahlenwerte kaprizieren, sondern es geht mehr um
Bandbreiten, um Bereiche, über die man sprechen kann.
In der Fachwelt ist man sich heute weitgehend darüber einig, daß Haus-
staubuntersuchungen eine Aussage darüber zulassen, ob eine Wohnung oder
ein Gebäude mit bestimmten Schadstoffen belastet ist oder nicht. Die
Analyseergebnisse lassen aber keinen Rückschluß darauf zu, welche Mengen
dieser Schadstoffe tatsächlich von den Nutzern der Wohnung oder des Ge-
bäudes aufgenommen werden. Frau Dr. Heudorf hat einige Untersuchungser-
gebnisse vorgetragen, die eindeutig belegen, daß es zwischen den Schad-
stoffgehalten im Hausstaub und im Kleber und den Schadstoff- beziehungs-
weise Metalbolitenkonzentrationen, die man im Urin gemessen hat, keine
erkennbaren Zusammenhänge gibt. Das muß man einfach so zur Kenntnis neh-
men. Ich nehme das auch zur Kenntnis, prüfe und hinterfrage es natürlich
kritisch, aber das ist zunächst einmal der Sachverhalt.
Eine wichtige Frage ist, wie man feststellen kann, welche Mengen an
Schadstoffen von den Nutzern, den Bewohnern, aufgenommen werden. Hier
bietet sich in der Tat die Möglichkeit, diese Stoffe im Blut oder Urin
nachzuweisen. Derartige Untersuchungen werden als Humanbiomonitoring
bezeichnet. Die Biomonitoring-Parameter, die auf Veranlassung des
Gesundheitsamtes gemessen worden sind - übrigens in einem sehr renom-
mierten und anerkannten Labor in Erlangen -, das sind Meßgrößen für die
intrakorporale Belastung, die international anerkannt sind. Derartige
Untersuchungen wurden und werden nicht nur hier, sondern auch in Skandi-
navien, Holland, England, Polen oder wo auch immer durchgeführt. Die ge-
messenen Parameter haben sich inzwischen in einer Vielzahl von Untersu-
chungen als empfindliche und spezifische Meßgrößen etabliert, mit denen
man die Belastung des menschlichen Organismus durch PAK und Pestizide
erfassen und quantifizieren kann.
Einschränkend muß ich sagen, daß die meisten Parameter, die gemessen
worden sind, mit Ausnahme der DDE-Konzentrationen im Blut, jeweils nur
eine Momentaufnahme der aktuellen Belastungssituation sind. Die Stoffe
werden aufgenommen, verstoffwechselt und dann relativ rasch - innerhalb
von einigen Stunden oder Tagen - wieder ausgeschieden. Insofern kann man
länger zurückliegende Belastungen mit diesen Methoden nicht erfassen,
aber sie bieten eben eine Momentaufnahme der Belastung am Tag der Probe-
nahme und an den Tagen davor, also vor der Abgabe der Urinprobe oder der
Entnahme der Blutprobe.
(Zurufe)
Diese Einwände sind in Gießen auch diskutiert worden, und ich muß Ihnen
recht geben. Die Empfehlungen, die inzwischen ausgesprochen wurden und
von Ihnen - wie ich der Diskussion entnehme - weitgehend auch befolgt
werden, daß man nämlich verstärkt reinigt, wischt und den Parkettboden
vielleicht sogar mit Folien abdeckt, führen natürlich zu einer Verminde-
rung der Exposition, und ich denke auch, daß dadurch heute eher niedri-
gere Werte gemessen werden als früher, als man über die Problematik noch
nicht Bescheid wußte. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie groß dieser
Unterschied ist. Wir können jetzt auch kein Wiederholungsexperiment
machen und ganze Familien noch einmal exponieren. Das wäre ethisch nicht
vertretbar, aber dieses Argument muß man ernst nehmen, und ich denke, da
ist etwas dran.
Dann möchte ich noch etwas zu folgendem Punkt sagen: Hier wird - ich
kenne das auch aus anderen Diskussionen - immer wieder ein gewisser Ge-
gensatz zwischen Staubuntersuchungen, Kehrproben, Saugproben, Kleberun-
tersuchungen und den Humanbiomonitoring-Untersuchungen konstruiert. Ich
sehe da überhaupt keinen Gegensatz. Ich denke, beide Untersuchungsmetho-
den müssen sich gegenseitig ergänzen. Anfangs - das ist Ihnen bekannt
und wurde auch dargestellt - hat man Kleber und Hausstaub untersucht.
Aufgrund der in der Tat sehr hohen PAK-Gehalte in diesen Materialien war
es nach meiner Überzeugung ein aus fachlicher Sicht richtiger Schritt,
daß man als nächstes die eigentlich entscheidende Frage untersucht hat,
nämlich: Wie stark sind die Bewohner dieser Wohnungen belastet? Diese
Frage kann man nicht einfach anhand der Hausstaubwerte beantworten, son-
dern dafür muß man Blut- und Urinuntersuchungen durchführen, und daß das
gemacht worden ist, halte ich aus fachlicher, umweltmedizinischer Sicht
für richtig. Das war notwendig, und wenn es nicht gemacht worden wäre,
hätte ich mich als externer Gutachter nicht gescheut, das in aller Deut-
lichkeit einzufordern und zu sagen, daß es zu einer umweltmedizinischen,
fachlich fundierten Einschätzung und Beurteilung dazugehört. Die Unter-
suchungsergebnisse braucht man, ohne sie kann man die Belastungssituati-
on des betroffenen Menschen nicht fundiert beurteilen.
(Zurufe)
Ich kann zu Ihrem Fall jetzt leider nichts sagen, da bitte ich um Ihr
Verständnis. Sehen Sie bitte folgendes realistisch: Hier sind, wie ich
gesehen habe, einige Hundert Urinproben mit einer Methode untersucht
worden, die sehr arbeitsaufwendig ist und die keine Routineuntersuchung
ist. Das sind sehr aufwendige, arbeitsintensive Analyse-Verfahren, und
man muß realistisch einschätzen, daß das nicht von heute auf morgen
machbar ist. Dafür braucht man eine gewisse Zeit, und dies mag dazu füh-
ren, daß Sie Ihre Untersuchungsergebnisse teilweise erst mit erheblicher
Verspätung mitgeteilt bekommen.
(Zurufe)
Es gibt wenige Institute, die es können. Erlangen ist nicht das einzige,
das ist richtig.
(Zurufe)
Dazu kann ich jetzt nichts sagen.
(Zurufe)
Ich komme zum nächsten Punkt, den Frau Salzmann angesprochen hat. Wenn
man eine Population oder einen Teil der Betroffenen untersucht, so
sollte man sich besonders auf die Kinder konzentrieren. Hausstaub wird
normalerweise nicht verzehrt. Er ist kein Lebensmittel, er wird eher
unabsichtlich aufgenommen und verschluckt. Das machen in besonderem Maße
Kinder, die auf dem Boden herumkriechen, die Gegenstände, Finger und so
weiter in den Mund nehmen und auf diese Weise Hausstaub verschlucken.
Die hauptsächlich betroffene und die vermutlich auch am stärksten
belastete Gruppe sind also Kleinkinder im Krabbelalter, das ist völlig
richtig. Insofern ist auch plausibel, was Frau Dr. Heudorf dargestellt
hat, daß eben die Kinder tendenziell stärker belastet sind als die
Erwachsenen, die im allgemeinen nicht auf dem Fußboden herumkriechen und
verschmutzte Finger oder Gegenstände in den Mund nehmen oder belecken.
Kinder sollten eine besondere Aufmerksamkeit erfahren und in besonderer
Weise untersucht werden.
Ein weiterer Punkt - ich komme gleich zum Ende -, den ich kurz anspre-
chen möchte, ist folgender: Wir haben es hier mit Stoffen zu tun - die
Pestizide sind angesprochen worden -, die in der Lebensumwelt des Men-
schen weit verbreitet sind. Die PAK gehören seit Jahrzehnten, ja Jahr-
hunderten, zu den Stoffen, mit denen der Mensch praktisch immer zu tun
hatte, denn jedesmal, wenn Sie Fleisch braten oder grillen, wenn Sie ein
Feuer machen oder wenn Sie eine Zigarette rauchen, nehmen Sie PAK auf.
(Zurufe)
Der entscheidende Punkt ist folgender: Kommt es durch die Lebensumstände
und die Situation in den US-Housings zu einer deutlichen zusätzlichen
Belastung durch PAK, Pestizide und andere Stoffe? Das ist eigentlich die
Frage, die sich stellt, und hier haben die ersten Auswertungen ergeben
- man kann das anhand der Biomonitoring-Meßdaten klar erkennen -, daß
diese zusätzliche Belastung in Relation zu der Hintergrundbelastung, der
wir mehr oder weniger unvermeindlich ausgesetzt sind, relativ gering
ist. Jeder kann sich natürlich ein bißchen schützen, indem er kein ge-
bratenes, gegrilltes oder geräuchertes Fleisch und keine mit Pestiziden
behandelten Lebensmittel verzehrt. Auf diese Weise kann man individuell
seine Belastung vermindern, aber im großen und ganzen kann man dem nicht
entgehen. Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, daß die zusätz-
liche Belastung, also die Zunahme der Konzentrationen, die wir im Urin
oder im Blut der Betroffenen messen können, in Relation zur Hintergrund-
belastung eher gering ist.
(Zurufe)
Das ist sicherlich zutreffend. Es ist aber Gott sei Dank nicht so, daß
wir gegenüber der Hintergrundbelastung eine fünf-, zehn- oder hundert-
fach höhere Belastung haben. Das wäre eine Katastrophe. Ich sage es noch
einmal: Diese Blut- und Urinuntersuchungen waren erforderlich und not-
wendig, um überhaupt zu erkennen, ob die Betroffenen so stark belastet
sind, daß man sofort hätte reagieren und eine Räumung der Wohnung veran-
lassen müssen. Ich denke, hier ist richtig vorgegangen worden, das möch-
te ich noch einmal unterstreichen.
Zum Schluß noch ganz kurz eine Anmerkung zu dem weiteren Vorgehen, zu
dem ich mich im einzelnen nicht äußern kann und auch nicht äußern möch-
te. Die hygienische Grundregel im Umgang mit diesen Stoffen lautet ganz
klar: Die Exposition muß - soweit das mit vernünftigen und angemessenen
Mitteln und Maßnahmen möglich ist -, soweit wie möglich vermindert wer-
den. Wir haben es mit krebserzeugenden Stoffen zu tun. Für diese Stoffe
lassen sich aus toxikologischer Sicht keine Schwellenwerte oder unwirk-
samen Konzentrationen ableiten, deshalb gilt hier das, was man allgemein
und international als ALARA-Prinzip bezeichnet - as low as reasonable
achievable. Die Belastung soll mit vertretbarem, vernünftigem und ange-
messenem Aufwand so gering wie möglich gehalten werden. Ich möchte noch
einmal unterstreichen, daß es richtig ist, als kurzfristige Maßnahmen zu
empfehlen, feucht zu wischen, verstärkt auf Sauberkeit und Staubfreiheit
in den Wohnungen zu achten und bei sehr schadhaften Parkettfußböden und
sehr stark PAK-haltigem Kleber oder Staub eine Folienabdeckung aufzu-
bringen, denn das unterbricht den Expositionspfad. Das sind kurzfristig
wirksame Maßnahmen, bis man zu einer Sanierung kommt.
(Zurufe)
Es werden jetzt die am stärksten belasteten Wohnungen saniert, wie ich
heute abend gehört habe.
Vielleicht darf ich abschließend noch einmal zu dem Streit, ob Kehr-
oder Saugproben untersucht werden sollen, Stellung nehmen. Auch das ist
eingehend diskutiert worden. Ich bin für die Kehrproben, denn das ist
der Staubanteil, der von Menschen aufgenommen werden kann. Das, was ich
mit dem Staubsauger heraushole, besteht häufig aus alten Staubablagerun-
gen, die aber nicht expositionsrelevant sind.
(Zurufe)
Das ist eine ganz simple Überlegung.
(Zurufe)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Bitte lassen Sie Herrn Professor Ewers erst einmal ausreden.
(Zurufe)
Es gibt noch viele Wortmeldungen.
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
(fortfahrend)
Ich möchte das jetzt nicht weiter vertiefen. Hier sind offensichtlich
unterschiedliche Meinungen vorhanden. Aufgrund einiger Überlegungen zur
Aufnahme dieser Stoffe bin ich, wie übrigens auch die Mehrheit der Fach-
leute und Fachkollegen, für die Untersuchung der Kehrproben.
Dabei möchte ich es bewenden lassen. Für weitere Fragen stehe ich gerne
zur Verfügung.
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Als nächste hat Frau Martina Krissel-Staude das Wort.
Martina Krissel-Staude:
Ich habe draußen die rote Karte bekommen, und ich habe sie heute morgen
telefonisch bekommen. Wir haben unsere Wohnung nicht kehren lassen,
weil wir ein ARGUK-Ergebnis vorliegen hatten und daraufhin Teppichboden
verlegt haben. Wir gingen davon aus, daß sich der Schadstoffgehalt
im Teppichboden nicht durch Kehren messen läßt und haben die Kehrung
verweigert. Wir haben aber Schränke aussaugen und den Parkettkleber un-
tersuchen lassen. Wir hatten nach dem ARGUK-Ergebnis kaum DDT und keine
anderen Pestizide in der Wohnung. Die PAK-Werte lagen bei 140 bis 150
Milligramm; man kann damit leben, aber es ist nicht schön, deswegen auch
der Teppichboden. Herr Kimme war so freundlich zu sagen, wenn wir das
Kehren verweigern, untersucht er unseren Schrank trotzdem. Gut, dachte
ich, dann habe ich es doppelt. ARGUK sagte mir schon, im Bodenstaub sei
nichts drin, aber heute morgen sagte mir Herr Kimme, es seien 106 Milli-
gramm DDT im Schrank gemessen worden, und zwar nicht in der Küche, son-
dern in den hinteren Schränken.
Das Gesundheitsamt sagt, ab 200 Milligramm muß man etwas tun, ab 20
Milligramm sollte man es sich überlegen. Ich würde gerne den unabhängi-
gen Herrn Professor Dr. Ewers fragen, was er bei 100 Milligramm machen
würde, wenn er zum Beispiel zwei-, drei- und fünfjährige Kinder hätte,
deren Spielzeug und deren Kleider in den Schränken liegen. Wie panisch
wären Sie? Ich betrete die Wohnung seit heute morgen nur mit Ekel, und
wenn ich das Geschirr aus dem Küchenschrank hole, wird mir schlecht.
Die Belastung ist trotz einer Saugbelastung, die minimal war, im Schrank
aufgetreten. Nun hat die Holding - und das nehme ich ihr eigentlich am
meisten übel -, keinen Deut Entgegenkommen gezeigt. Sie kann ja für ihre
Rechte streiten, doch es wurde gesagt, wir sollen kehren und putzen,
aber eine Mietminderung werde nicht anerkannt und ähnliches.
Damals haben sie Gott sei Dank nicht nur die Werte im Boden, sondern
auch im Schrank gemessen, denken zumindest 90 Prozent der Mieter. Im
Schrank wurde gesaugt. Herr Kimme hat mir freundlich zugesagt, er bezie-
hungsweise der TÜV mißt die Werte in meinem Schrank auch und saugt nicht
nur. In all den anderen Schränken, wenn im Boden nichts war, wurde nicht
gemessen. Sie sind eingeladen, es auf eigene Rechnung zu tun, und ich
würde Sie alle bitten, es auf eigene Rechnung zu tun, denn es könnte et-
was ganz anderes herauskommen. Die Holding bezahlt das nicht. Vielleicht
höre ich heute, daß sie es doch bezahlen könnte, aber die Holding wertet
die Schrankproben nicht aus, wenn die Bodenproben einwandfrei sind. Wir
haben die Böden gesaugt. Zwei Milligramm DDT in den Schrankböden hat der
TÜV gemessen, und die haben bei uns nicht den Staub unter den Schubla-
den, sondern vorne den Normalstaub genommen. Bei den Schränken sind es
100 Milligramm DDT, nicht in der Küche. Ich sage, die wahre Zeitbombe
- zumindest ist das heute mein Gefühl - tickt eigentlich noch, denn
ich hoffte eigentlich nur auf eine grüne, bestenfalls gelbe Karte heute
morgen.
Meine Frage an Sie: Was machen Sie bei 100 Milligramm DDT im Schrank?
Und an die Mieter: Es kostet etwas, und ich weiß auch nicht, wie wir das
mit den Schränken machen können. Vielleicht gehen wir pleite oder so,
vielleicht ziehen wir aus. 100 Milligramm DDT im Schrank, wo im Boden
nichts war. Leute, laßt Eure Schränke messen, wenn die Holding es nicht
tut.
(Beifall)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Als nächster hat Herr Stadtkämmerer Glaser das Wort.
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
Lassen Sie mich zu zwei Dingen, die noch nicht beantwortet sind, etwas
sagen. Zum Thema Rüge: Sie haben beklagt, Sie bekämen keine Antwort,
Herr Centner. Sie haben dankenswerterweise nicht gesagt, daß Sie letzte
Woche erst einen Brief an uns geschrieben haben.
(Zurufe)
Ich habe das vorher nachprüfen lassen. Mir ist es so gesagt worden,
und die Unterlagen sind eingesehen worden. Sie haben letzte Woche einen
Brief geschrieben. Dazu gibt es auch schon einen Antwortentwurf, der nur
noch nicht abgeschickt worden ist.
(Zurufe)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Ich darf Sie bitten, sich im Ton ein wenig zu mäßigen.
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
(fortfahrend)
Eine Mitarbeiterin hat den Brief in der Zwischenzeit, während sie drau-
ßen war, eingesehen. Ich wäre vorsichtig mit dem Lügenvorwurf. Ich teile
Ihnen mit, daß ich das bona fide und in bester Absicht sage, weil es mir
gerade vorgetragen worden ist. Ich bin nicht bereit, eine Mitarbeiterin,
die sich gerade das Datum auf dem Briefbogen angeschaut hat, zur Lügne-
rin zu erklären.
(Zurufe)
Herr Centner, so kann man nicht kommunizieren.
Ich möchte gerne einen zweiten Punkt nennen, der sich darauf bezieht,
daß ...
(Zurufe)
Ich habe Sie nicht der Lüge bezichtigt. Ich habe nur gesagt, Sie haben
den Brief letzte Woche geschrieben.
(Zurufe)
Das ist richtig.
(Zurufe)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Herr Centner, ich darf Sie nochmals bitten, sich im Ton ein bißchen zu
mäßigen. Wenn Sie Stadtverordneter wären, müßte ich Sie jetzt rügen.
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
(fortfahrend)
Gemessen an den Problemen, die wirklich ernste Probleme sind, sollten
wir vielleicht die Zeit nicht damit verplempern, über Kalenderdaten zu
streiten. Ich glaube, das ist nicht der richtige Punkt, wobei das nicht
heißt, daß ich damit etwas anderes sage, als ich gerade gesagt habe,
nämlich daß ich mir die Daten angeschaut habe.
Lassen Sie mich etwas zum Sondermüll sagen. Das Thema Sondermüll, das
Sie vorhin angesprochen haben, hat die FES aus eigener Überzeugung am
Anfang so entschieden. Es gibt dazu keine wissenschaftliche Grundlage;
es gibt auch keine Untersuchung. Das ist sozusagen im Büroalltag ent-
schieden worden, ohne einen sachlichen Hintergrund. Es gibt inzwischen
ein Gutachten des TÜV, weil sich die Frage stellte, was wir mit dem Müll
machen. Dieses TÜV-Gutachten besagt, daß der Sondermüll in Gestalt der
Möbel, von denen Sie sagen, sie müßten sofort verbrannt werden, keines-
wegs der besonderen Verbrennung zugeführt werden muß, sondern ganz nor-
mal entsorgt werden kann, wie anderer Leute Möbel, Stühle und so weiter
auch. Dies ist die Rechtslage.
(Zurufe)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Herr Professor Ewers, möchten Sie zu dem, was die Vorrednerin gesagt,
Stellung nehmen? Bitte schön, Sie haben das Wort!
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
Ich mache es kurz. Sie nannten den hohen DDT-Gehalt im Staub des
Schrankes. Das sind in der Tat sehr hohe Werte, und ich kann mir eigent-
lich nur vorstellen, daß das Altstaub ist, der seit Jahrzehnten dort
herumliegt.
(Beifall, Heiterkeit)
Ich freue mich sehr, daß ich auf diese Weise zu Ihrer Erheiterung
beitragen kann, aber ich möchte Sie doch bitten, mir einmal zu erklären,
wie DDT sonst da hineinkommen konnte.
(Zurufe)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Ich darf Sie bitten, Herrn Professor Dr. Ewers zu Wort kommen zu lassen.
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
(fortfahrend)
Ich kann mir das nur so erklären. Es ist meine Vermutung, daß es
Altstaub ist, der da seit vielen Jahren liegt, und es ist natürlich
ein Problem, wie man damit umgeht. Meine ganz simple Empfehlung wäre,
mit einem hochwirksamen Staubsauger - mit Feinstaubfilter, das ist ein
entscheidender und wichtiger Punkt - diese Schränke zu säubern. Dann ist
das Problem gelöst.
Danke!
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Jetzt hat Herr Michael Kröll das Wort. Bitte schön!
Michael Kröll:
Mein Name ist Michael Kröll, ich wohne in der Selma-Lagerlöf-Straße 14,
bin also Betroffener und möchte auch als Betroffener sprechen. Wir haben
schon gehört, daß es eine sehr große Anzahl Wortmeldungen gibt. Ich ver-
mute, daß es in Anbetracht der Zeit nicht möglich sein wird, alle Wort-
meldungen zu behandeln. Ich stelle den Stadtverordneten anheim, Formen
zu finden, wie wir in der Zukunft weiterhin im Gespräch bleiben. Herr
Glaser hat bereits angesprochen, daß es in der Vergangenheit den Versuch
gab, einen runden Tisch einzuführen. Vielleicht sollte man so etwas wie-
der machen.
Ich möchte auf einen Widerspruch, der mir aufgefallen ist, hinweisen.
Herr Glaser hat bei seinen Ausführungen darauf hingewiesen, daß es bei
den Untersuchungen des Klebers und der Hausstaubproben nur sehr wenige
Wohnungen gibt, die hoch belastet sind, bei denen damit ein Sanierungs-
bedarf besteht. Frau Dr. Heudorf hat demgegenüber gesagt, daß Klein-
kinder besonders betroffen sind, es aber keinen Zusammenhang mit hoch
belasteten Wohnungen gibt. Ich frage mich, ob nicht auch bei den niedrig
belasteten Wohnungen ein Sanierungsbedarf besteht.
(Beifall)
Die zweite Frage: Es sind Kinder untersucht worden. Dabei wurde festge-
stellt, daß diese eine höhere Belastung als Erwachsene haben. Ich frage
mich und gebe die Frage weiter, was mit den Kindern in fünf, in zehn
und in 15 Jahren ist? Welchen möglichen Gesundheitsgefährdungen sind sie
dann ausgesetzt?
Die nächste Frage, die mich noch interessiert, ist, ob nur nach Bela-
stungen oder auch auf akute Erkrankungen untersucht wurde?
Meine nächste Frage ist an Herrn Glaser gerichtet. Sie sprachen von Sa-
nierung. Was heißt Sanierung?
Ich möchte noch in einem Punkt auf das Verhalten der Vermieter hinwei-
sen. Unser Vermieter ist die Aktienbaugesellschaft für kleine Wohnungen.
Wir haben im Frühjahr ein Plakat für unseren Balkon angefertigt, auf dem
geschrieben stand: "Ohne Giftstoffe leben wir länger, deshalb: Sanie-
rung". Es dauerte nicht sehr lange, bis wir die Aufforderung erhielten,
weil wir gegen den Mietvertrag verstoßen, dieses Plakat zu entfernen.
Wir haben im September, darauf hat Herr Glaser richtig hingewiesen,
unsere Ergebnisse mitgeteilt bekommen. Bei uns gibt es eine "mittlere
Belastung" im Kleber, allerdings wurde im Hausstaub nichts festgestellt.
Beim Einzug haben wir ein Übernahmeprotokoll aufgesetzt und es wurden
damals schon sehr breite Fugen festgestellt. Ich habe Mitte September
unseren Vermieter angeschrieben und darauf hingewiesen. Bis heute habe
ich darauf noch keine Antwort erhalten.
Zweitens: Wenn ein Vermieter auf seine Rechte, die er laut Mietvertrag
hat, hinweist, so haben auch wir unsere Rechte wahrgenommen und die
Miete gemindert; prompt sind wir mit einem Mahnbescheid und mittlerweile
mit einem Gerichtsverfahren überzogen worden. Wir haben heute gehört
- es haben auch einige Experten gesprochen -, daß die Frage der
Gesundheitsbeeinträchtigung doch nicht so klar ist, also Zweifel
bestehen. Deshalb habe ich eine Frage an Herrn Glaser. Ich stimme Ihnen
nicht zu, sondern denke, daß die Stadt Frankfurt zumindest auf einen
der hier angesprochenen Vermieter Einfluß hat. Hierbei handelt es sich
um die Frankfurt Holding; über die Aufsichtsratsmandate, die auch Stadt-
verordnete, unter anderem auch Sie, Herr Glaser, wahrnehmen. Das hat man
bei der Messegesellschaft gesehen, da haben auch Stadtverordnete über
die Aufsichtsräte mächtig Einfluß genommen. Ich denke, es wäre in diesem
Fall durchaus auch möglich. Ich stelle anheim, Herr Glaser, zu überle-
gen, ob man diese Prozeßlawine in Sachen Mietminderung nicht eventuell -
Sie haben darauf hingewiesen, daß bereits einiges gütlich geregelt wurde
- auf eine andere Art und Weise regeln kann.
Zum letzten: Herr Mihm - er ist jetzt leider nicht mehr da - hat
darauf hingewiesen - er kommt wieder, dann kann ich es ihm sagen -,
daß wir eine Magistratsverfassung haben. Trotzdem meine ich, daß Frau
Roth als Oberbürgermeisterin und - vielleicht ist es nicht allen klar
- Aufsichtsratsvorsitzende der Frankfurt Holding, durchaus hier Stellung
beziehen sollte. Wir haben im April/Mai eine Unterschriftenaktion
durchgeführt, bei der über 1.000 Menschen ihre Betroffenheit mit einer
Unterschrift bekundet haben. Diese Unterschriftenliste wollten wir Frau
Roth persönlich überreichen. Sie hatte es abgelehnt. Ich möchte Sie,
Frau Hochgrebe, bitten, daß Sie die Unterschriftenliste an Frau Roth
weitergeben.
(Herr Kröll überreicht die Unterschriftenliste.)
(Beifall)
Ich habe zur Vereinfachung meinen Namen auf der ersten Seite notiert.
Vielleicht kann Frau Roth mir entsprechend antworten.
Danke!
(Beifall)
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Ich werde die Unterschriftenliste an die Oberbürgermeisterin weiterge-
ben, Herr Kröll.
Jetzt frage ich Herrn Glaser und Frau Dr. Heudorf, ob einer von Ihnen
auf die Fragen von Herrn Kröll eingehen möchte. Bitte!
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
Ich möchte einen Satz zu dem Thema Stadtgesellschaft sagen. Das ist
überhaupt keine Frage, da soll sich niemand hinter irgend jemandem
verbergen. Das ist so. Wir sprechen natürlich im Aufsichtsrat über
diese Dinge, wobei auch dort, wenn ich das so klar sagen darf, die
Oberbürgermeisterin eine von über 20 Aufsichtsratsmitgliedern ist, das
heißt, wir pflegen dort sehr kollegial miteinander umzugehen. Es wird
auch abgestimmt. Da gibt es große Übereinstimmung in dem, was dort vor-
getragen wurde. Dort wird nicht jedes einzelne Detail besprochen, aber
sozusagen die große Linie festgelegt. Ich möchte Ihnen in aller Klarheit
sagen, daß es sehr breite Mehrheiten sind. Ich bin gern bereit, aufgrund
dessen, was Sie sagen, was ich bei einem solchen Termin höre - etwa Ihre
Anregung zum Thema Mietminderung -, weiterzugeben. Das nehme ich gerne
mit, zumal ich zu meiner Freude sagen darf, daß Ihr Beitrag allein des-
halb gut gefällt, weil er sachlich ist. Da entsteht in der Tat geradezu
eine spontane Bereitschaft zu sagen, Mensch, das sind Leute, mit denen
man sprechen kann, mit denen wollen wir sprechen.
Ich will das gerne aufnehmen. Ich sage das in aller Sachlichkeit. Wir
wollen das bei der Gesellschaft in die Diskussion einbringen. Aber ich
sage Ihnen heute nicht, denn das kann ich nicht, was das Kollegialorgan
Aufsichtsrat entscheidet. Da bitte ich um Verständnis, daß sich das der
Aufsichtsrat vorbehält.
Ich bitte Frau Dr. Heudorf, Herrn Professor Dr. Ewers noch einmal kurz
zu den medizinischen Fragen, die vorhin angesprochen wurden, Stellung zu
nehmen.
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Könnten Sie vielleicht noch etwas zu dem runden Tisch ausführen, Herr
Glaser? Ich hatte mir das extra aufgeschrieben. Da gab es die Frage, ob
dieser runde Tisch eventuell weitergeführt werden kann.
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
(fortfahrend)
Ich wiederhole: Wenn man in der Art und Weise, wie Sie das handhaben,
versucht, miteinander im Gespräch zu bleiben, habe ich auch damit über-
haupt kein Problem. Aber es muß möglich sein, daß wir uns verständigen,
daß wir uns, wenn wir gesprochen haben, im Protokoll wiederfinden und
es nicht so zerredet wird, daß man im Grunde genommen keine Lust auf
Wiederholungen hat. Wenn Sie sagen, das war so eine tolles, sachliches
Gespräch, haben Sie bitte Verständnis dafür, wenn ich offen sage, daß
es doch unterschiedliche Veranstaltungen gewesen sind, bei der Sie waren
und bei der ich war. Es war ein Gehacke und ein Gezetere. Das kann
ich Ihnen nur sagen - ich führe viele Gespräche, wir haben viele runde
Tische -, das war wirklich das Tollste, was je geboten wurde. Aber ich
biete Ihnen und allen, die guten Willens sind, gerne an, daß wir in ei-
ner vernünftigen Kommunikationsform miteinander auch so etwas wie einen
runden Tisch veranstalten können. Das biete ich Ihnen gerne an, und das
kann auch so sein.
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Frau Dr. Heudorf, wollen Sie noch etwas ausführen?
Dr. Ursel Heudorf:
Ich möchte zu zwei kurzen Fragen Stellung nehmen. Erstens: Wir untersu-
chen die akuten Erkrankungen. Diejenigen, die bei uns in der Sprechstun-
de waren, wissen, daß wir sie gebeten haben, einen sehr ausführlichen
umweltmedizinischen Fragebogen zu beantworten. Diese Daten werden wir
natürlich alle intensiv auswerten und Ihnen mitteilen. Das methodische
Problem ist, das muß ich gleich sagen, daß wir nicht gleichzeitig eine
Kontrollgruppe mit den gleichen Fragebögen untersucht haben, so daß im-
mer die Frage der Interpretation und die Frage, was wodurch bedingt ist,
bestehen bleiben wird. Wir werden uns, das haben wir mit verschiedenen
Epidemiologen und Statistikern besprochen, dadurch behelfen, daß wir
versuchen werden, innerhalb der Bewohner, die diese Fragebogen beantwor-
tet haben, Gruppen anhand des Humanbiomonitoring zu bilden und werden
dann die, bei denen wir die niedrigen Belastungen gefunden haben, mit
den höher Belasteten zu vergleichen versuchen. Ich verspreche Ihnen, daß
wir das alles sehr intensiv und genau auswerten.
(Zurufe)
Ich hoffe und bemühe mich darum. Das ist das erste, daß Sie das bekommen
werden. Wir werden uns sehr bemühen und sicherlich noch mehr Kontrollen
als bisher einschalten.
Zu der zweiten Frage, was mit Kindern nach fünf bis zehn Jahren ist,
dazu möchte ich nicht selbst Stellung nehmen, sondern zitieren. Wir
hatten gerade - das hat Professor Dr. Ewers bereits besprochen - dieses
Symposium über die PAK-Belastung und gesundheitliche Bewertung auf dem
Umweltmedizinerkongreß in Gießen. Da hatte das Bundesumweltamt zunächst
einmal die Staubuntersuchungen vorgestellt und interpretiert, dann kam
die Humanbiomonitoringuntersuchung und als dritter Redner ein Toxiko-
loge, der aufgrund der Werte, die dort vorgestellt worden waren, eine
toxikologische Bewertung vorgenommen hat. Er hat als Fazit gesagt: Man
sieht eigentlich keine gravierende Zunahme der inneren Belastung, so daß
er nicht von einem erhöhten Krebsrisiko auf Dauer ausgeht. Das war Pro-
fessor Neumann. Aber ich denke, vielleicht kann man Professor Dr. Ewers
das Wort geben, weil er Toxikologe ist, damit er dazu Stellung nimmt.
Stellvertretende Stadtverordnetenvorsteherin Ute Hochgrebe:
Herr Professor Dr. Ewers, bitte!
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
Ich kann bestätigen, daß das die Schlußfolgerungen von Herrn Professor
Neumann waren, der übrigens international zu den renommiertesten und
anerkanntesten Toxikologen gehört. Es handelt sich um eine Schlußfolge-
rung, die auch für mich nachvollziehbar und plausibel ist.
Vielleicht kurz zur Erläuterung: Bei krebserzeugenden Stoffen müssen wir
sehen, daß die Erkrankungen, die hierdurch hervorgerufen werden, erst
mit einer großen Verzögerung, wir sprechen von Latenzzeit, auftreten.
Die Latenzzeiten liegen bei zehn, 20, 30 und mehr Jahren, so daß kurz-
fristig überhaupt nichts erkennbar ist. Im Vordergrund stehen bei oraler
Aufnahme von PAK, also bei Verschlucken von PAK-haltigen Materialien,
Tumoren der Verdauungsorgane, also Magen- und Darmkrebs bei inhalativer
Aufnahme von PAK Tumoren der Atmungsorgane, vor allem Lungenkrebs. Die
Frage ist, ob man eine Langzeitbeobachtung der Betroffenen durchführen
sollte. Davon möchte ich eindeutig abraten, denn wie Herr Professor Neu-
mann nach meiner Auffassung überzeugend dargelegt hat, ist die Risikoer-
höhung so gering, daß man sie mit einer epidemiologischen Studie nicht
nachweisen kann. Die Erhöhung geht in den Schwankungen der jährlich in
einer Stadt wie Frankfurt auftretenden Zahl von Tumorerkrankungen unter.
Insofern lohnt der Aufwand und das Geld, das man hineinsteckt, nicht.
Dabei wird nichts herauskommen. Das ist auch die Meinung der Statistiker
und der Epidemiologen.
Vielleicht darf ich noch einen Punkt kurz ansprechen, der aus meiner
Sicht von ganz besonderer Bedeutung ist, nämlich die inhalative Bela-
stung. Ein entscheidender Punkt ist in der Tat die Frage, ob es durch
PAK-haltige Parkettkleber und PAK-belasteten Staub zu erhöhten PAK-Ge-
halten im Schwebstaub, den wir einatmen, kommt. Das ist eine Belastung,
der man nicht entgehen kann. Sie müssen zwangsläufig atmen und atmen
zwangsläufig das, was in der Luft ist, ein. Die Exposition gegenüber
PAK-haltigen Schwebstaub ist ganz anders zu bewerten als die Exposition
gegenüber Staub, der irgendwo in der Schrankecke oder unter einem Par-
kettfußboden liegt. Bitte halten Sie sich das vor Augen. Insofern denke
ich, daß die Untersuchung der PAK-Belastung der Luft, des Schwebstaubes
von eminenter Bedeutung ist. Die ersten Untersuchungsergebnisse, von
denen ich Kenntnis erhielt, zeigen, daß in der Luft keine erhöhten
Belastungen vorhanden sind. Aber ich denke, das ist ein Punkt, der sehr
sorgfältig geprüft werden muß.
(Zurufe)
Da würde ich Ihnen Recht geben. So, wie ich das verstanden habe, sind
das Eltern, Kinder, Personen gewesen, die in der umweltmedizinischen
Sprechstunde waren, die wahrscheinlich in besonderer Weise um ihre
Gesundheit oder um die Gesundheit ihrer Kinder besorgt waren. Mögli-
cherweise gibt es Menschen in diesen Wohnungen, die sich wenig darum
kümmern, die auch nicht alle Hygieneempfehlungen, wie verstärkte Reini-
gung, feuchtes Wischen und so weiter beachten und die stärker belastet
sind. Wir haben das auch bei anderen Untersuchungen häufiger feststellen
können. Es ist eben so, daß man mit solchen Untersuchungen nicht alle
Personen erreicht. Sie können natürlich eine Zufallsstichprobe aus den
Bewohnern dieser Häuser ziehen, aber da kommen Sie in Großstädten be-
stenfalls auf eine Teilnehmerrate von 50 Prozent. Das heißt, Sie errei-
chen damit einen Teil der Betroffenen und die möglicherweise besonders
belasteten Personen auch nicht.
(Zurufe)
Was Frau Dr. Heudorf, die von Haus aus Kinderärztin ist, gesagt hat,
hat mich voll und ganz überzeugt. Eine Blutentnahme ist ein invasiver
Eingriff. Aus rechtlicher Sicht bedarf es hierfür der Zustimmung des Pa-
tienten. Wenn keine Notwendigkeit, keine medizinische Indikation für ei-
nen solchen invasiven Eingriff besteht, sollte er unterbleiben. Das ist
auch im Sinne der Patienten.
(Zurufe, Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, ich bin durchaus bereit, Zusatz- und Zwischen-
fragen zuzulassen, aber das kann nicht dahin gehen, daß dazwischengeru-
fen wird.
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
(fortfahrend)
Wenn Sie darauf bestehen oder dies wünschen, sollten diese Untersu-
chungen vorgenommen werden, aber bitte akzeptieren Sie auch das aus
meiner Sicht begründete Votum von Frau Dr. Heudorf als Kinderärztin und
Umweltmedizinerin. Dieses Votum kann man nicht so ohne weiteres beiseite
schieben.
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Frau Dr. Heudorf hat sich bereits zu Wort gemeldet. Wenn Sie mit Ihren
Ausführungen zu Ende gekommen sind, werde ich Frau Dr. Heudorf zu dieser
Frage das Wort erteilen.
(Zurufe, Glocke)
Prof. Dr. Ulrich Ewers:
(fortfahrend)
Die Untersuchung, die Sie ansprechen, habe ich zusammen mit Herrn Pro-
fessor Angerer in Bottrop bei Frauen, die in einem Belastungsschwerpunkt
des Ruhrgebietes, umgeben von Kokereien, Kohlehydrieranlagen und so wei-
ter, wohnen, durchgeführt. Da hat sich in der Tat bestätigt und gezeigt,
was auch andere Untersuchungen ergeben haben, daß Raucher mehr PAK
aufnehmen und diese Stoffwechselprodukte gegenüber Nichtrauchern in grö-
ßeren Mengen ausscheiden. Daß Kinder in gleicher Weise so stark belastet
sind wie Raucher, ist mir nicht bekannt. Die neuesten Untersuchungser-
gebnisse aus Herzogenaurach und Erlangen kenne ich. Ich war am Donners-
tag und Freitag letzter Woche in Berlin, da hat Herr Professor Angerer
seine neuesten Ergebnisse aus Herzogenaurach und Erlangen vorgetragen.
(Zurufe)
In Erlangen war der Unterschied eher noch deutlicher gewesen.
(Zurufe, Glocke)
Nein, die Daten, die ich gesehen habe, sind deutlich niedriger als
die Werte von Rauchern. Die Ergebnisse aus Erlangen und Herzogenaurach
lassen nach Angaben Herrn Professor Angerer erkennen, daß Kinder aus
Wohnungen mit sehr schadhaftem Parkettfußboden größere Mengen an PAK-Me-
taboliten ausscheiden als vergleichbare andere Kinder. Herr Professor
Angerer hat deshalb empfohlen, daß dort eine Sanierung vorgenommen wird.
Wenn das auch hier in Frankfurt festgestellt würde und der Zusammenhang
klar ist, also schadhafter Parkettfußboden, hohe PAK-Gehalte im Kleber
und Staub, würde ich das ebenfalls empfehlen.
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Das waren die Ausführungen von Herr Professor Dr. Ewers. Das Wort hat
Frau Dr. Heudorf. Bitte schön!
Dr. Ursel Heudorf:
Ich will kurz auf Ihre Frage eingehen, Frau Bond. Sie haben von Ihren
beiden Kindern die ersten Untersuchungsergebnisse des Urins vorliegen.
Wenn Sie Blut abgenommen haben - ich wußte nicht, daß Sie es sind,
aber ich weiß, daß jemand seinem Kind Blut abgenommen hat -, wird das
selbstverständlich untersucht. Das ist ganz klar. Sie wissen auch, daß
wir noch nicht über Endergebnisse gesprochen haben. Ich habe - das habe
ich vorhin vielleicht nicht so deutlich ausgeführt - über Zwischenergeb-
nisse gesprochen. Wir haben leider noch nicht alle Ergebnisse vorliegen.
Sobald wir sie vorliegen haben, werden wir sie nach einer ausführlichen,
internen Prüfung verschicken.
(Zurufe)
Die Blutwerte Ihrer Kinder werden untersucht werden.
(Zurufe)
Ich muß Ihnen wirklich sagen, Frau Bond, ich habe dabei erhebliche
Schwierigkeiten. Ich habe meine Ausbildung an der Universitätskinderkli-
nik gemacht und in dieser Zeit niemals aus reinem Interesse oder wissen-
schaftlichen Gründen irgend einem Kind Blut abgenommen. Ich habe deshalb
in der Klinik nicht nur Freunde gehabt, weil man auch gern Wissenschaft
betreibt. Was ich gelernt habe, das sage ich mit aller Vehemenz, ethisch
als Kinderärztin gelernt habe: Ich nehme einem Kind dann Blut ab, wenn
ich es für eine akute Entscheidung brauche. Bei der Frage, brauche ich
ein Antibiotikum oder nicht, benötige ich die weißen Blutkörperchen und
dann nehme ich Blut ab. Wenn ich auf anderem Wege zu einer Entscheidung
kommen kann, sei es, durch eine Urinuntersuchung, was wir bei Ihren
Kindern auch wegen PAK und den Stoffen, die im Urin zu untersuchen sind,
gemacht haben, wähle ich den anderen Weg. So habe ich es gelernt und
werde es als Ärztin und Kinderärztin beibehalten.
(Zurufe)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, ich gehe jetzt entsprechend den Wortmeldungen
vor, sonst geraten wir in ein heilloses Durcheinander. Ich erteile jetzt
Frau Christin Arnemann das Wort.
Christin Arnemann:
Mein Name ist Christin Arnemann. Zum einen möchte ich fragen, warum
das Hessische Ministerium aus Wiesbaden heute nicht anwesend ist - am
Montag hat mir Frau Dr. Witten gesagt, daß sie nicht eingeladen wurden
-, schließlich kommen von dort ein paar Erlasse. Das andere ist, daß es
mir ein Anliegen ist, Herrn Dr. Stück für mich das Wort zu erteilen. Ich
möchte ihm jetzt die fünf Minuten Redezeit abtreten.
Danke!
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, die erste Frage beantworte ich selbst. Weil dies
eine Bürgerversammlung der Stadt Frankfurt am Main und nicht der Hessi-
schen Landesregierung ist. Nach der Hessischen Gemeindeordnung sind die
städtischen Organe und Verwaltungen Ihre Gesprächspartner.
Zweitens: Wenn Sie Ihre Wortmeldung zugunsten des Herren Professors zu-
rückziehen, bin ich damit einverstanden, aber dann ist Ihre Wortmeldung,
die mir vorliegt, verbraucht. Bitte schön!
Herr Dr. Stück:
Lassen Sie mich bitte folgendes sagen: Es wird hier so dargestellt,
als sei es unethisch, Kindern Blut abzunehmen. Ich denke, es geht um
ein wesentliches Ziel ärztlichen Handelns, nämlich festzustellen, ob ein
Kind bereits geschädigt und krank ist, auch wenn es noch keine Symptome
zeigt, ob es vergiftet ist, und daß zweitens dieses Kind, wenn es
sich in einem vergifteten oder geschädigten Zustand befindet, aus dem
schädigenden Milieu dringend entfernt werden muß. Es gibt nichts Ärztli-
cheres, als Schaden abzuwenden und Leute aus einem Gefährdungspotential
herauszubringen. Die Umweltmedizin, Frau Kollegin, versteht sich als
präventive Medizin und nicht als nachsorgender Reparaturbetrieb. Es geht
darum, Schäden abzuwenden. Bei allem, was über Richtlinien und sonstiges
gesagt wird, sollte man an die Aussage denken, die heißt: "Über allen
Richtlinien steht das Minimierungsgebot". Ich bitte doch, daß man damit
wirklich einmal anfängt und eine Diskussion beginnt, wie saniert wird
und wer die Kosten übernimmt. Wir wissen alle, daß es insbesondere bei
Kindern überhöhte und bei Erwachsenen erhöhte Schadstoffwerte gibt, so
daß keine Notwendigkeit besteht, noch länger abzuwarten.
Lassen Sie mich noch etwas zu den Kindern sagen. Alle Werte und Bestim-
mungen, die wir aufstellen, sind vorwiegend tierexperimentell abgelei-
tet. Psychische Störungen können sie im Tierexperiment nicht nachweisen.
Gerade chlororganische Verbindungen wirken im Gehirn und können solche
Schäden verursachen. Wir wissen das von akut Vergifteten. Wir wissen
auch, daß chronische Vergiftungen anders als akute Vergiftungen sind.
Sie werden deshalb kein akut vergiftetes Kind mit einer dramatischen
Situation finden, aber chronische Vergiftungen bewirken Langzeitfolgen,
die unumkehrbar sind. Deshalb, denke ich, muß man damit aufhören.
Gerade, weil es sich um Kinder handelt, die eine lange - wie richtig
ausgeführt wurde - Latenzzeit haben. Bei Krebserkrankungen kann es sich
um 15 oder 20 Jahre handeln. Das heißt, die jetzige Schadstoffbelastung
mit krebserregenden PAK führt bei dem Kind, wenn es 35 oder 40 Jahre alt
ist, zu der Krebserkrankung. Dann ist niemand, weder von der politischen
Seite noch von der Eigentümerseite mehr haftbar zu machen. Das muß ver-
hindert werden.
Um noch etwas zu den Kindern zu sagen: Kinder atmen schneller, haben ein
größeres Atemminutenvolumen, nehmen mehr Schadstoffe über den Luftweg
auf, haben verminderte Entgiftungssysteme, eine erhöhte Zellteilung,
erhöhten Stoffwechsel. Sie nehmen zweieinhalbmal mehr Giftstoffe, diese
Substanzen können teilweise über die Haut in den Körper dringen, für ihr
Gewicht auf als ein Erwachsener.
Es ist wirklich meine herzliche Bitte, hören Sie bitte mit dem wissen-
schaftlichen Streit auf, helfen Sie doch endlich den Menschen. Deshalb
möchte ich vorschlagen, daß man sagt, was unternommen werden kann, bis
die großen Sanierungsmaßnahmen greifen. Was können die betroffenen, ver-
ängstigten Menschen machen? Da gibt es Möglichkeiten. Wie soll eine Sa-
nierung in größerem Stile erfolgen? Das ist das, was die Menschen erwar-
ten und nicht irgendeinen Streit.
Ich bedanke mich!
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bisher haben wir von den 21
Wortmeldungen, die insgesamt in der Zeit bis 21.00 Uhr eingegangen sind,
zehn abgearbeitet. Ich möchte jetzt, wie angekündigt, den Fraktionen die
Gelegenheit geben - was kein Muß ist -, in Beiträgen von fünf Minuten
pro Fraktion zu der Angelegenheit Stellung zu nehmen. Ich habe bisher
zwei Wortmeldungen vorliegen. Als erstes erteile ich das Wort Herrn Tho-
mas Schlimme von der Fraktion der GRÜNEN.
Stadtverordneter Thomas Schlimme, GRÜNE:
Wir haben heute morgen in Fürth angerufen, um zu erfahren, wie dort der
Sachstand ist. In Fürth sind derzeit 400 von 1.200 Wohnungen saniert.
Sanieren bedeutet in Fürth, daß alles - Schränke, Böden - herausgerissen
wird. Ich frage mich, ob die noch ganz klar sind, zu viel Geld haben
oder einfach vernünftig sind und Vorsorge im Interesse ihrer Kinder
treffen.
(Beifall)
Herr Dr. Ewers hat eben 18 Minuten am Stück gesprochen, ich habe es
gestoppt. Der Sachverständige der Bürgerinitiativen muß sich das Wort
immer wieder erkämpfen oder von Leuten geben lassen. Ich finde, das ist
keine Gleichberechtigung, kein fairer Umgang, kein Dialog.
(Beifall, Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Herr Stadtverordneter, ich erinnere daran, was ich zu Beginn gesagt ha-
be: Das ist kein Hearing verschieden denkender Sachverständiger, sondern
dies ist ein Gespräch zwischen Bürgern und Verwaltung. Wenn die Verwal-
tung Auskünfte geben kann, dann gilt wie in jeder Stadtverordnetenver-
sammlung, daß für sie eine Redezeitbegrenzung nicht gilt. Bitte fahren
Sie fort.
Stadtverordneter Thomas Schlimme, GRÜNE: (fortfahrend)
Ich bin der Meinung, daß die Verwaltung dafür da ist, die Interessen und
Wünsche der Bürger zu berücksichtigen und nicht umgekehrt.
(Beifall)
Wenn ein Kind an einer bestimmten Stelle Kleber aufnimmt, das kann unter
dem Bett sein, wo es herumkrabbelt oder sonstwo, dann kann es einen
hohen Wert im Urin haben. Es kann trotzdem sein, daß in dieser Wohnung
die Staubwerte relativ niedrig sind. Ein anderes Kind wird vielleicht
von den Eltern immer vorsichtig von dem Boden ferngehalten, in der Woh-
nung können die Staubwerte hoch sein, die Urinwerte aber niedrig. Diesen
Zusammenhang, den Frau Dr. Heudorf, zwischen Urinwerten und Staubwerten
fordert, muß es nicht geben. Wenn man weiß, daß diese Urinwerte zeitlich
sehr weit entfernt von den Staubproben genommen wurden, dann weiß man,
daß es auch wissenschaftlich vollkommen unhaltbar ist, einen solchen Zu-
sammenhang zu fordern.
(Beifall)
Entscheidend ist für mich, daß die Kinder höhere Werte als die Erwachse-
nen im Urin haben und auch höhere als die Kontrollgruppen, die zum Bei-
spiel Herr Professor Angerer im März vorgestellt hat. Es ist eben deut-
lich gesagt worden, daß die Aussage von Herrn Professor Angerer, nach
der diese Kinder höhere Belastungen im Urin als zum Beispiel erwachsene
Raucher aufweisen, nicht zurückzunehmen ist. Das ist im Wortprotokoll
des Hearings nachzulesen. Ich glaube, man braucht sich nicht darüber zu
streiten, ob diese Kinder belastet sind oder nicht. Sie sind belastet.
Da stellt sich die Frage, wenn man vorgibt, auf der sicheren Seite sein
zu wollen, wie es auch Herr Professor Dr. Ewers getan hat, warum man
das nicht zur Kenntnis nimmt. Wieso interpretiert man alle Daten immer
wieder so, daß möglichst keine Belastungen existieren? Wenn es zwei
verschiedene Methoden der Probenentnahme gibt, wobei die eine - nämlich
die Saugmethode - höhere Werte, die andere niedrigere Werte - nämlich
die Kehrprobe - liefert, und man auf der sicheren Seite sein will,
wieso versteift man sich dann auf die Kehrprobe, die die niedrigen Werte
bringt?
(Beifall)
Es gibt eine hessische Bodenrichtlinie, nach der Erdaushub mit PAK-Wer-
ten als Sondermüll zu entsorgen ist. Die sind lächerlich gegenüber dem,
was im Kleber zu finden ist. Von daher ist es ganz selbstverständlich,
daß die Frankfurter Entsorgungs- und Servicegesellschaft mit beschränk-
ter Haftung auf die Frage nach den Staubsaugerbeuteln überhaupt nicht
anders antworten kann. Dies wurde durch Aussagen des Regierungspräsiden-
ten in Darmstadt bestätigt. Die Belastung ist so hoch. Ich glaube, man
sollte aufhören, das herunterzureden.
Ich habe noch eine Überraschung für Sie. Sie sind ja nur drei Betroffe-
ne, die Stimmung machen - das wurde letzte Woche im Plenum hauptsächlich
von der CDU gesagt, aber auch die SPD hat in diese Kerbe geschlagen -,
nicht mehr in diesen Wohnungen wohnen und deshalb nicht mehr das Recht
hätten, zu dieser Thematik Stellung zu nehmen. Diese drei Personen seien
namentlich bekannt. Sie werden alle von uns GRÜNEN aufgehetzt.
(Heiterkeit)
Das Gelächter habe ich erwartet, denn ich weiß, daß Sie wissen, warum
Sie hier sind. Sie wissen, daß Sie nicht zufrieden sind, wie gesagt
wurde, sondern daß Sie die Sanierung Ihrer Wohnung wollen. Sie haben
sich selbst informiert, ein Bild gemacht und tief in diese Materie
eingearbeitet. Deswegen haben Sie die Meinung, die Sie jetzt vertreten
und nicht, weil wir GRÜNEN an einer bestimmten Stelle Hetze betrieben
hätten.
(Beifall)
Wenn man sich das Ganze noch einmal ansieht, daß zuerst die Ergebnisse
der Holding, damals von Fresenius ermittelt, einfach in der Schublade
verschwanden, dann die Initiative der Mieterinnen und Mieter erreichte,
daß ARGUK Proben nahm und erst danach das Problem nach und nach
anerkannt wurde. Aber wer darf weiter Proben nehmen? Fresenius. Wer wird
verteufelt? ARGUK. Das sind die Leute, die beteuern, daß sie auf der si-
cheren Seite sein wollen.
(Beifall)
Dann die Weigerung, Experten auf das Podium zu nehmen oder Experten
der hessischen Landesregierung, mit der man sich ständig streitet,
einzuladen. Wir haben übrigens beim Gesundheitsministerium nachgefragt.
Das Gesundheitsministerium spricht in dieser Sache für die Hessische
Landesregierung, das ist auch mit dem Wirtschaftsministerium abgeklärt.
Von daher frage ich auch die SPD-Vertreter, warum sie einen solchen Kurs
fahren.
(Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Herr Stadtverordneter, Ihre Zeit ist abgelaufen und ich bitte, nun zum
Schluß zu kommen.
Stadtverordneter Thomas Schlimme, GRÜNE: (fortfahrend)
Wenn die Landesregierung in diesem Punkt eine so wichtige Stellungnahme
abgeben kann, dann meine ich, daß man auch das Rückgrat und den Mut ha-
ben sollte, sich einer Diskussion mit der Landesregierung öffentlich zu
stellen. Alles andere sieht aus, als hätte man Angst vor der Wahrheit.
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur, damit der Charakter der ver-
schiedenen Veranstaltungen deutlich wird: Wenn aus der Stadtverordneten-
versammlung mit der notwendigen Mehrheit das Bedürfnis zu einer öffent-
lichen Anhörung gesehen wird, steht dem nichts entgegen.
Nun darf ich für die F.D.P.-Fraktion Herrn Stadtverordneten Zimmermann
das Wort erteilen.
Stadtverordneter Franz Zimmermann, F.D.P.:
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
meine Damen und Herren!
Ich möchte am Anfang ein Wort an Herrn Schlimme richten. Es wäre sehr
gut gewesen, wenn Sie jede parteipolitische Stellungnahme und Bezogen-
heit weggelassen hätten. Es steht den GRÜNEN natürlich völlig frei, noch
eine Veranstaltung der GRÜNEN zu organisieren und die Sache auf ihr
Podium zu ziehen. Ich glaube, erlauben Sie mir diese Anmerkung, auch ich
darf meine freie Meinung äußern, dies wäre auch im Sinne der GRÜNEN bes-
ser gewesen.
Ich meine, daß - und das zeigt mir der heutige Abend eigentlich sehr
deutlich - niemand zur reinen Beruhigung auftreten darf. Es darf und
sollte aber auch niemand zur reinen Beunruhigung hier auftreten. Dies
ist heute abend leider mehrfach geschehen. Erlauben Sie mir ein persön-
liches Wort: Ich stehe hier als ehrenamtlicher Stadtverordneter, der an-
sonsten in seinem Beruf tätig ist. Ich bin freier Architekt und täglich
auf Baustellen, habe auch mit solchen Dingen zu tun. Wohlgemerkt, mit
toxikologischen Fragen habe ich keine Erfahrung. Ich habe mir vorgenom-
men, heute, auf dieser für mich ersten Veranstaltung - ich war nicht im
Nordwestzentrum, das ist mir entgangen - sehr sachlich und aufmerksam
zuzuhören und werde Ihnen mitteilen, was ich dazu im Einzelnen meine und
wie wir vorgehen sollten. Sie dürfen durchaus hier und da einige Kritik
erwarten.
Ich bin der Meinung, daß die Stadt Frankfurt - das müßten eigentlich Sie
alle bescheinigen - seit Ende letzten Jahres bereits einen hohen Aufwand
betrieben hat. Weil dies so ist, dürfen Sie von der Mehrheit der Stadt-
verordneten erwarten - ich werde mich dafür einsetzen und, ich glaube,
meine Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für Wohnungsbau und
Wohnen ebenso -, daß es nach diesem bereits erbrachten Aufwand gar nicht
unterbleiben darf, daß auch der Restaufwand noch betrieben wird.
Wir haben heute abend von verschiedenen Rednern - auch von Frau Dr.
Heudorf - gehört, daß noch Klärungsbedarf besteht. Auch dies ist, darauf
können Sie sich verlassen, bei mir notiert. Gerade am Schluß der Rede
von Frau Dr. Heudorf habe ich mir notiert, daß es in vielen Bereichen
nur Zwischenergebnisse gibt. Dies muß weiter verfolgt werden, das steht
doch völlig außer Frage. Es wäre nicht - auch nicht vor den Unbeteilig-
ten in dieser Stadt - zu verantworten, daß ein solch enormer Aufwand
betrieben wird, ohne ihn dann konsequent zu Ende zu führen. Ich habe das
Vertrauen, daß das auch weiterhin geschieht.
Gerade weil diese Probleme ernstgenommen werden müssen, gehe ich noch
auf ein paar kurze Redebeiträge ein. Ich glaube - dieser Hinweis kam von
Ihnen, Herr Zarcadas -, daß kein Grund besteht, über Übersetzungsschwie-
rigkeiten zu sprechen. Wenn es in der Tat - das darf nicht untergehen
- Versäumnisse dahingehend gab, daß ausländische Bewohner dieser
US-Housings keine ordentliche oder vollständige Aufklärung erhielten,
kann dies mit Hilfe der Kommunalen Ausländervertretung noch nachgeholt
werden.
Ich notierte mir, daß Frau Sauer - ich weiß nicht, in welche Richtung
ich schauen soll - ausgeführt hat, daß sie trotz mehrfacher Anläufe
immer in der Warteschleife des Gesundheitsamtes hängen blieb. Auch in
diesem Fall möchte ich meine Kolleginnen und Kollegen vom Gesundheits-
ausschuß bitten, nachzufragen, ob die Untersuchung wirklich angeboten
und nicht verweigert wurde. Ich habe kein Verständnis dafür, das muß ich
Ihnen ebenfalls deutlich sagen, daß, wenn Untersuchungen oder Kehrstaub-
aufnahmen angeboten wurden, man sich dem verweigert.
Wir haben Gott sei Dank heute abend von Professor Dr. Ewers gehört, daß
dies eine richtige Methode ist. Ich wundere mich ein bißchen, warum der
Toxikologe, der vom Gesundheitsamt beauftragt worden war und die Unter-
suchungen vorgenommen hat, nicht eingeladen wurde. Sie mögen sagen, der
sei parteiisch, und deswegen ist es zu loben, wenn Herr Stadtkämmerer
Glaser für heute abend einen neutralen Gutachter eingeladen hat. Dennoch
wäre es für die eine oder andere Antwort wesentlich gewesen, wenn auch
dieser Herr hier gewesen wäre. Wenn Klärungsbedarf besteht, sollte man
diesen auf jeden Fall noch erbringen.
(Zurufe)
Er ist nach Japan verreist. Das ist sehr weit weg. Ich nehme zur Kennt-
nis, daß es nicht möglich war, ihn einzuladen, und insofern war es eine
richtige Entscheidung, Herrn Professor Dr. Ewers dazuzubitten.
Ich habe mir einen weiteren Punkt notiert. Herr Dursun, Sie haben pri-
vate Proben genommen und sich privat Meßergebnisse von Labors ermitteln
lassen. Ich werde vorschlagen, daß man diesen Klärungsbedarf zusätzlich
aufnimmt und ihm nachgeht. Es ist für mich nicht unwesentlich zu wissen,
warum Sie private Meßergebnisse herbeigeholt haben, wo Sie die Proben
hingebracht haben und wie die von den Fachleuten beurteilt werden.
(Zurufe)
Herrn Dr. Stück, ich kann nicht verstehen, daß Sie bei dem Aufwand, den
müßten Sie eigentlich sehr neutral und realistisch feststellen, davon
sprechen, daß Feingefühl und Verantwortungsbewußtsein fehlen.
(Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Herr Stadtverordneter, auch bei Ihnen ist die Redezeit abgelaufen und
ich bitte, zum Schluß zu kommen.
Stadtverordneter Franz Zimmermann, F.D.P.:
(fortfahrend)
Ich kann überhaupt nicht verstehen, warum Sie es völlig ablehnen, weite-
re Messungen vorzunehmen. Ich fordere geradezu dazu auf, da, wo Zweifel
bestehen, weitere Meßergebnisse einzuholen. Auf welcher sonstigen neu-
tralen Grundlage sollen Entscheidungen gefällt werden?
(Glocke)
Vielen Dank!
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Ich kann Zusatzfragen wegen dem Ablauf der Redezeit des Herrn Stadtver-
ordneten Zimmermann jetzt nicht zulassen. Ich erteile jetzt Frau Stadt-
verordneten Fedel von der CDU das Wort.
Stadtverordnete Sieglinde Fedel, CDU:
Meine Damen und Herren!
Ich möchte vorausschicken, daß wir Politiker und keine Experten sind,
aber ich möchte - auch für die CDU - betonen, daß wir alle Ihre Gedanken
und Sorgen ernst genommen haben.
(Zurufe)
Moment, bitte haben Sie doch Geduld. Ich habe Ihnen doch auch über zwei
Stunden lang zugehört, und Sie können mir noch nicht einmal eine Minute
zuhören. Das zeugt davon, daß Sie sich irgendwo im Unrecht fühlen. Es
tut mir leid.
(Heiterkeit)
Wissen Sie, Sie wären die ersten, die mich aus der Ruhe bringen. Das ge-
lingt Ihnen nicht.
Herr Schlimme, Sie haben mich ein wenig enttäuscht. Wenn Sie schon von
den Kollegen sprechen, hätten Sie ruhig sagen können, daß das die Stadt-
verordnete Fedel war, die behauptet hat, daß eine Frau Salzmann, ein
Herr Center und ein Herr Rothe nicht das Recht haben, für die Initiative
zu sprechen, weil sie dort nicht mehr wohnen.
(Zurufe)
Geliebte Frau Salzmann, mit Ihnen werde ich auch fertig. Wissen Sie,
Frau Salzmann, ich möchte Ihnen etwas sagen: Sie haben nicht einmal mehr
das Recht, hier zu sprechen, denn Sie wohnen nicht mehr in Frankfurt.
(Zurufe, Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Frau Salzmann, ich darf Sie bitten, mit Ihren fortwährenden, langen Zwi-
schenrufen aufzuhören.
Stadtverordnete Sieglinde Fedel, CDU:
(fortfahrend)
Ich wollte Sie nicht aufregen, ganz im Gegenteil, ich wollte Sie herz-
lich bitten, nicht mit diesen ...
(Zurufe)
Ich war nicht emotional. Sie haben das hineingebracht, ich weiß gar
nicht warum.
(Zurufe)
Ja? Das ist nicht so schlimm.
Es ist nämlich ganz leicht, Ihnen nach dem Munde zu reden und dann
Applaus zu bekommen. Ich werde von Ihnen keinen Applaus bekommen, obwohl
ich wirklich das ganze Jahr lang ...
(Beifall)
Höhnischer Applaus ist auch etwas Schönes. Ich genieße ihn. Danke schön!
(Zurufe)
Ich will ja, aber Sie lassen mich nicht zu Wort kommen.
Ich wollte Sie bitten, daß, wenn Sie einen runden Tisch wollen - es wäre
sehr schön und ich bin dafür -, Stadtverordnete dazu eingeladen werden,
um Sie kennenzulernen. Als zweites wäre es mir sehr recht gewesen, wenn
Sie uns ...
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Frau Stadtverordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?
Stadtverordnete Sieglinde Fedel, CDU:
(fortfahrend)
Vielleicht, wenn ich fertig bin.
Außerdem wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns einmal in Ihre Woh-
nungen eingeladen hätten.
(Zurufe)
Ich habe keine Einladung bekommen. Hätte ich als Stadtverordnete von
Ihnen einmal einen Brief erhalten, ich hätte Sie aufgesucht, so wahr ich
hier stehe. Ich habe von Ihnen keinen Brief erhalten.
(Zurufe)
Ich komme.
(Glocke)
Sie haben so höhnisch gelacht. Sehen Sie, ich mußte mir anhören, daß ein
Kollege wörtlich sagte, die Grenzwerte werden politisch ausgewertet. Das
finde ich sehr schlimm. Das dürfte wirklich nicht gesagt werden.
(Zurufe, Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Frau Stadtverordnete, Sie haben noch eine Minute Redezeit.
Stadtverordnete Sieglinde Fedel, CDU:
(fortfahrend)
Ich habe leider nur noch eine Minute Redezeit. Ich wollte Sie nicht auf-
regen, aber ich merke, daß Sie, wenn man Ihnen nicht nach dem Munde re-
det, aufgebracht sind. Ich würde Ihnen raten, doch ein wenig sachlicher
zu sein.
Ich möchte noch einmal betonen, daß die CDU hier sehr schlecht behandelt
wird. Es ist nicht so. Wir haben uns sehr intensiv mit Ihrer Materie be-
faßt. Wenn Herr Schlimme jetzt vernünftig ist und zugibt, daß wir uns im
Gesundheitsausschuß stundenlang darüber unterhalten haben, dann wäre er
fair.
Ich danke Ihnen, daß Sie trotzdem Geduld hatten, wenn auch sehr wenig.
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Ich gebe jetzt Herrn Stadtverordneten Lietz von der SPD-Fraktion das
Wort.
Stadtverordneter Heinz Lietz, SPD:
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich möchte auf den heutigen Ablauf zurückkommen und eins feststellen:
Es ist, wie wir mehrfach gehört haben, kein Hearing und keine Anhörung.
Wenn meine Informationen, Herr Schlimme - ich komme auf Sie zu sprechen,
weil Sie die Hessische Landesregierung angesprochen haben -, nicht
ganz falsch sind, dann hat es unter den vier Mitgliedern der Frakti-
onsgeschäftsführung von CDU, SPD, GRÜNEN und F.D.P. eine Übereinkunft
gegeben, daß die Bürgerversammlung so, wie sie seit Jahrzehnten durchge-
führt wird, auch heute durchgeführt wird. Das heißt, es werden nur die
Bürger Frankfurts zu einem bestimmten Thema eingeladen, wie bei allen
anderen Bürgerversammlungen auch, zu denen alle Bürger Frankfurts kommen
können, dieses Jahr mit dem Schwerpunkt PAK-Belastung, und natürlich die
Betroffenen. Damit keine Fehlschlüsse aufkommen, es sei gekungelt worden
und man habe welche draußen gelassen. Herr Glaser hat zu Beginn erklärt,
wen er als Magistrat dazu einlädt. Das ist mir heute abend bestätigt
worden, daß es so ist, wie ich es hier ausführe. Sie mögen das bitte in
Ihrer Fraktion mit Ihrem Geschäftsführer klären. Das ist so mit den vier
Geschäftsführern beschlossen worden. Es hat sich keine der vier demokra-
tischen Fraktionen ausgenommen.
Wir können uns, das ist von dem Herrn Vorsteher angekündigt worden,
innerhalb der Stadtverordnetenversammlung per Mehrheitsbeschluß darüber
unterhalten, ob es ein Hearing gibt, dann haben alle die Möglichkeit,
Fachleute hinzuzuladen. Nun bin ich gespannt, ob das geschieht, weil
dann natürlich auch die Fraktionen ihre Fachleute hinzuladen.
Ich habe sehr aufmerksam zugehört und festgestellt, daß zumindest die
beiden Fachleute, die heute abend zu dem selben Thema, nämlich zu der
Frage, wie und mit welchen Methoden man Ergebnisse feststellt, gespro-
chen haben, doch sehr unterschiedliche Bewertungen von sich gegeben
haben. Daraus mögen Sie völlig wertfrei - ich will das nicht werten -
bitte Ihre eigenen Schlüsse ziehen. Ich stimme Ihnen im großen Umfang
zu, daß weitere Messungen außerordentlich fragwürdig sind. Was gefordert
ist, ist die Sanierung. Nur, und das ist der entscheidende Punkt. Der
Sanierungsumfang muß festgestellt werden, weil es die eine Forderung,
daß alles saniert werden muß - also heraus damit und neu -, gibt.
Ich komme zu einem weiteren Thema, weil man sehr gut Äpfel und Birnen
vergleichen kann und das mit einer besonderen Zutat einen sehr guten
Obstsalat ergibt - wie ich immer zu sagen pflege -, aber es ist nicht
vergleichbar. Was in Nürnberg, Erlangen oder anderswo geschehen ist,
betrifft keine bezogenen Wohnungen, sondern das sind leerstehende Woh-
nungen, die vorher, bevor sie an Mann und Frau gebracht werden, saniert
werden. Ich will nicht darüber streiten, welche Weise richtig ist. Man
muß nur wissen, wovon man spricht. Man kann etwas so darstellen, lieber
Herr Schlimme, oder man kann etwas so darstellen. Ich wollte nur darauf
aufmerksam machen, daß es natürlich, wenn man das vorher gewußt hätte,
das will ich jetzt nicht untersuchen, richtig gewesen wäre, bevor man
Bewohnerinnen und Bewohner einziehen läßt, zu sanieren oder das zu
machen, was jetzt eingefordert wird. Daß sich das nun viel schwieriger
gestaltet, brauchen wir nicht zu bestreiten. Insofern äußere ich mich
überhaupt nicht zu dem Streit, der heute abend sowieso nicht ausdisku-
tiert werden kann, des Kehrens oder des Wischens als richtiger Methode.
Die entscheidende Frage ist, was mit den festgestellten Untersuchsergeb-
nissen gemacht wird und welche Schlüsse man daraus zieht. Da gibt es in
der Präferenz der vorzunehmenden Maßnahmen leider sehr unterschiedliche
Beurteilungen. Das gestehe ich Ihnen gerne zu. Ich gestehe Ihnen auch
zu, daß Sie als Betroffene mehr fordern, als vielleicht zur Zeit gesche-
hen ist.
Aber ich sage auch in aller Deutlichkeit, daß ich mich darüber wundere,
daß Herr Dr. Stück ausgeführt hat - ich bewerte das nicht, das mögen Sie
selbst bewerten -, daß als eine erste Maßnahme - er hat sogar Produkte
genannt -, dort, wo sich Spalten im Parkett bilden, man das Notwendige
ergreifen solle. Es gibt in dieser Runde genügend Personen, die sagen,
nichts da, es muß alles raus. Ich will damit verdeutlichen, daß Sie sich
aufgrund Ihrer Informiertheit sehr eingehend mit dem Thema beschäftigt
haben.
Wir als Stadtverordnete haben uns in den Fachausschüssen damit beschäf-
tigt. Herr Schlimme gehört den Fachausschüssen nicht an, dafür kann er
nichts, das ist klar, das will ich auch gar nicht beweinen. Deshalb
ist er vielleicht nicht über alles informiert, was wir dort besprochen
haben. Er muß auch nicht alles teilen, zu was wir gelangt sind, das ver-
lange ich gar nicht von ihm. Wir werden sicherlich in vielen Punkten -
Herr Schlimme, wir kennen uns lange genug - nicht immer übereinstimmen.
Ich bitte nur, das biete ich an - damit komme ich zum Schluß, Herr Vor-
steher -, daß Sie auch mit den Fraktionen sachlich, redlich im Gespräch,
soweit es möglich ist, bleiben. Wir stehen Ihnen jedenfalls dafür zu
Verfügung.
Ich bedanke mich.
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Danke schön, Herr Stadtverordneter Lietz! Das war die Runde der Fraktio-
nen à fünf Minuten. Weitere Meldungen der Fraktionen liegen mir nicht
vor.
Ich mache auf folgendes aufmerksam: Wir müssen in etwa einer halben
Stunde aufhören. Ich habe jetzt noch zehn Wortmeldungen vorliegen, die
nach dem Eingang numeriert sind. Ich werde die Wortmeldungen berücksich-
tigen. Wenn es circa zehn Minuten vor zehn Uhr ist, muß ich abbrechen,
das ist die Grundvereinbarung, die vorher getroffen wurde.
Ich gebe Herrn Karl-Heinz Schäfer das Wort.
Karl-Heinz Schäfer:
Guten Abend. Ich möchte auf die Unterschiede im Vorgehen der Stadt
Frankfurt Bezug nehmen und muß dazu sagen, daß hier ausgeführt wurde,
daß es für PAK noch keine vergleichbaren Werte gibt, was den Hausstaub
betrifft. Das ist wohl richtig, allerdings muß man dazu auch erwähnen,
daß es bei der Feuerwehr Verordnungen gibt, die in den Sanierungsbereich
führen. Die besagen zum Beispiel, daß, wenn ein Haus gebrannt hat,
man das Haus erst dann wieder beziehen darf, wenn im Hausstaub der
PAK-Gehalt unter 100 Milligramm liegt. Das ist auch schon ein paar Jahre
alt. Ich weiß nicht, was Frau Dr. Heudorf oder Frau Dr. Peters dachten,
als sie im Februar 1997 ein Ergebnis der ARGUK vorliegen hatten, in
dem 2.600 Milligramm im Prüfbereich und als Vergleichswert 25 Milligramm
angegeben waren - das ist der hundertfache Wert -, und wie man dann dazu
kommen kann, das in seinem Amt zu behalten, statt es sofort und umgehend
weiterzuleiten oder zumindest andere Ministerien oder fachkompetente
Menschen zu informieren. Es hat zehn Monate gedauert, bis das Hessische
Ministerium und das Bundesumweltamt davon unterrichtet wurden. Zwischen
2.600 und 25 Milligramm besteht schon ein krasser Unterschied.
Worauf ich mich noch beziehen möchte, stand ebenfalls in diesem ersten
Gutachten von 1997, daß es sich vermutlich um vergleichbaren Wohnraum
handelt. Das heißt, daß auch der Hinweis gegeben war, daß es mehrere
Wohnungen sein könnten, die eventuell davon betroffen sind. Dann gab es
den Hinweis, daß dort vermutlich die Kleinkinder am meisten gefährdet
wären. Das sollte man auch betrachten. Das war auch im Februar. Wie ge-
sagt, es hat zehn Monate gedauert, bis weitere Behörden oder andere Gre-
mien eingeschaltet wurden.
Dann möchte ich noch etwas zu der Hausstaubaufnahme sagen, weil von
Herrn Dr. Ewers angesprochen wurde, daß es angeblich wissenschaftlich
begründet wäre, daß man zur Hausstaubanalyse die Kehrprobe nimmt. Bei
der Hausstaubanalyse per Kehrprobe - darauf habe ich bereits im April
hingewiesen - liegt der Anteil der Feinststäube unter einem Prozent,
aber gerade der Feinststaubanteil ist sehr wichtig. Der wird nicht auf-
genommen und fehlt somit später in der Analyse.
Des weiteren muß ich etwas dazu sagen, wie analysiert wurde. Es haben
drei verschiedene Labore an den Untersuchungen der Kehrproben teilgenom-
men. Es gab zwischen diesen drei unterschiedlichen Laboren keine Abspra-
che, wie man zu verfahren hat. Das ist das eine. Es ist normalerweise
so, daß man sich untereinander abspricht, bevor man eine Probe nimmt,
damit keine Ungereimtheiten oder Fehler entstehen können. Das andere
ist, daß, wenn man eine Kehrprobe so nimmt, wie sie hier genommen wurde,
teilweise nur drei bis fünf Quadratmeter gemessen wurden. Sie können
sich vorstellen - das lernt man, glaube ich, im vierten Schuljahr -,
daß, wenn man nur drei bis fünf Quadratmeter bemißt, man zu einem ande-
ren Ergebnis kommt, als wenn man 85 Quadratmeter bemißt. Das heißt, bei
den Staubsaugproben ist eine Querschnittsanalyse in dem Wohnbereich sehr
wohl möglich. Bei der Kehrprobe ist dies nicht möglich, weil man nicht
genau sagen kann, ob sich jetzt das DDT dort oder dort befindet. Wenn
ich an einer Stelle meine Kehrprobe vornehme, kann ich an einer anderen
Stelle DDT haben. Das heißt, die gesamte Kehrprobe ist als wissenschaft-
liche Grundlage oder als Bewertungsgrundlage auch für das Biomonitoring,
Frau Dr. Heudorf, eigentlich unnütz und absolut aus dem Fenster gewor-
fen, weil sie letztlich nicht das aussagt, was sich in der Wohnung an
Staub tatsächlich befindet, trotzdem wird sie als Analyse und zur Bewer-
tung herangezogen.
Das zeigt, wie die Stadt Frankfurt mit dem Thema umgeht. Herr Schlimme
hat schon darauf hingewiesen. Hier wird massiv versucht, das Problem aus
dem Raum oder aus dem Haus zu kehren, ohne die tatsächliche Staubaufnah-
me festzustellen.
(Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Ich darf darum bitten, zum Schluß zu kommen. Ihre Redezeit ist ab-
gelaufen.
Karl-Heinz Schäfer:
(fortfahrend)
Das Biomonitoring wurde im Sommer vorgenommen. Dazu muß man wissen,
daß Kinder im Sommer öfter draußen spielen, Frau Dr. Heudorf, und die
Fenster in dieser Zeit geöffnet sind, daß keine Heizung angeschaltet
ist, die Hausstäube im Raum verteilt. Dann muß man auch darauf eingehen,
Frau Dr. Heudorf, daß man keine Einzelstoffbewertung vornehmen kann. Das
ist gleichfalls geschehen. Das heißt, es wurde einzeln auf PCP, DDT, PAK
eingegangen, aber was alles zusammen bewirkt, das wurde nicht analysiert
beziehungsweise gewertet.
(Glocke, Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Danke schön! Bitte schön, Herr Sommerfeldt noch einmal zu dem Streit um
die Meßmethoden.
(Zurufe)
Ich hatte das übersehen. Ganz kurz nur, dann haben Sie das Wort.
Dietrich Sommerfeldt:
Meine Damen und Herren!
Ich möchte eins richtig stellen. Wir haben mit drei Instituten - CAU,
Fresenius und TÜV Ökoplan - gearbeitet, das ist zunächst richtig. Es hat
vor der Auftragserteilung und während den Arbeiten immer wieder mit den
Leitern dieser Institute Absprachen bei uns im Hause gegeben. Wir gehen
davon aus, daß die Absprachen mit den Leitern dieser Institute natürlich
auch bei den Mitarbeitern angekommen sind.
(Zurufe)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Nun hat Herr Börner das Wort.
Joachim Börner:
Einen schönen guten Abend, meine Damen und Herren. Um etwas zum TÜV
Ökoplan zu sagen. Der Leiter hat nichts gemacht, den habe ich nämlich
gefragt.
Wir haben drei Kinder, die alle krank sind. Frau Dr. Heudorf weiß das.
Ich war bei ihr. Sie hat eineinhalb Stunden lang anhand ihrer Pläne
wunderbar erklärt, was mit meinen Kindern los ist. Herr Kimme bezieht
sich auf Frau Dr. Heudorf, daß unser Schrankstaub nicht untersucht wird.
Nach wie vor sind meine Kinder krank. Frau Dr. Heudorf hat - das war die
letzte Aussage - auf die Untersuchung der Hausärzte, sprich der Kinder-
ärzte, verwiesen, und die wissen es nicht.
Das wäre es dazu. Meine Kinder sind krank, und es passiert nichts. Die
Kehrprobe war bei uns ohne Befund.
Vielen Dank!
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Danke schön! Ich darf Frau Marion Sauer das Wort geben.
Marion Sauer:
Ich komme aus der Siedlung Fischstein. Da gibt es Kinder, die etwas im
Urin hatten, ohne daß etwas bei den Meßergebnissen herausgekommen ist.
Wir haben ziemlich viel Angst, weil wir denken, daß etwas passieren muß.
Wir sind hier, um uns heute abend zu informieren, was in Zukunft pas-
siert. Wir finden es erschreckend, wenn bei diesen Meßergebnissen nichts
herausgekommen ist, aber im Urin der Kinder wurde es festgestellt. Wir
putzen die ganze Zeit, machen ständig sauber und tun alles, aber trotz-
dem wird es festgestellt. Das finde ich erschreckend.
Den Rest meiner Redezeit möchte ich gern an Dr. Stück abgeben.
Herr Dr. Stück:
Ein Satz zu der Dame der CDU: Demokrit, der griechische Philosoph, von
dem unsere Demokratie abstammt, hat einmal gesagt, ein Bürger, der nicht
betroffen ist und an den Geschehnissen seiner Stadt keinen Anteil nimmt,
ist nicht stiller Bürger, sondern ein schlechter Bürger. Das ist Demo-
kratie, deshalb sollte man mit den Ausschlußverfahren und Ausgrenzungen
von kritischen Leuten aufhören. Das ist unwürdig und undemokratisch.
(Beifall)
Marion Sauer:
(fortfahrend)
Den Rest der Zeit könnte man noch Herrn Schäfer geben.
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Nein, meine Damen und Herren. Ich bin bisher großzügig gewesen, wenn Sie
das Wort an Ihren medizinischen Berater abgegeben haben, aber die Wort-
meldungen jetzt untereinander zu splitten, das geht nicht.
Ich habe noch eine Bitte an Frau Sauer: Wenn Sie möchten, geben Sie Ihre
Telefonnummer an Frau Dr. Heudorf. Sie wird sich morgen darum kümmern,
daß Sie in Kontakt mit dem Gesundheitsamt kommen, um Ihre Sorgen, die
noch nicht besprochen wurden, dort loszuwerden.
Ich gebe jetzt das Wort Herrn Dichter. Bitte sehr, Herr Dichter!
Norbert Dichter:
Ich bin einer derjenigen, der die Bürgerversammlung gefordert und der
die Fraktionen und den Stadtverordnetenvorsteher aufgefordert hat, die
Bürger zu informieren. Es ist in diesem Jahr sozusagen durch einen Trick
entstanden, daß die GRÜNEN ein Vorschlagsrecht für eine Bürgerversamm-
lung hatten. Die Stadt wollte nicht informieren, im Gesundheitsausschuß
sind solche Sachen abgelehnt worden, vor der Wahl sollte man so etwas
nicht mehr machen und überhaupt wären die Bürger ja informiert. Herr
Glaser spricht davon, daß die tausend Personen ein unglaubliches Ver-
trauen gehabt haben, daß sie in die umweltmedizinische Sprechstunde ge-
kommen sind, davon sind 600 Kinder. Die sind nicht freiwillig gekommen,
sondern mit den Eltern. Es waren etwa 400 Erwachsene, die sich dort vor-
gestellt haben, das sind vielleicht 250 Wohnungen, die Sie über die Men-
schen beproben können. Es gibt in Frankfurt 2.800 Wohnungen, darin woh-
nen etwa 6.000 Kinder und 4.000 Erwachsene. Familienväter und -mütter,
die dort täglich Minimierungsmaßnahmen betreiben beziehungsweise mit dem
Gedanken spielen, diese Wohnungen zu verlassen, weil sie einen Giftcock-
tail enthalten und in denen man gezwungen ist, zu wohnen.
Die Stadt hat vor mehreren Jahren Familien aufgefordert, mit Kleinkin-
dern in diese Housings einzuziehen. Das war eine tolle Idee, es ist sehr
viel Platz im Umkreis. Wunderschöne Wohnungen, das Parkett ist schön,
helle Wohnungen, von allen Seiten kommt Licht herein. Wir haben Familien
mit kleinen Kindern dort, die Stadt trägt die Verantwortung dafür, daß
das an dieser Stelle so konzentriert ist.
Das Wohnungsproblem in Frankfurt ist damit etwas gemildert worden. Jetzt
tritt der umgekehrte Fall ein, es sind die Bewohner, die es sich leisten
können, die weggehen. Die Familienväter und -mütter, die das nicht mehr
verantworten können, suchen Auswege. Die drei, die Sie eben genannt ha-
ben, die von Ihnen beschimpft wurden, die nicht mehr reden dürfen, weil
sie in Oberursel wohnen, leben praktisch nur im Exil; sie sind den Gif-
ten entfleucht.
(Beifall)
Dieses Recht haben sie sich genommen, nachdem die Zeit abgelaufen ist.
Man kann diese Belastung, die wir seit Ende 1995 dort haben - seit etwa
einem Jahr wissen wir bewußt davon - seinen Kindern nicht weiter zumu-
ten, geschweige denn dort Kinder bekommen.
Das Vertrauen in das Stadtgesundheitsamt, in die Stadt, die die Bürger
und ihre Ängste ernst nehmen soll, ist nicht mehr da. Das ist bei einem
Großteil der Bevölkerung so, nur die meisten kommen gar nicht erst zu
dieser Bürgerversammlung. Die Personen, die hier sind, sind die von den
GRÜNEN aufgehetzten.
Ich möchte, da die Hessische Landesregierung öfter genannt wurde, eine
Art Grußwort der Ministerin Priska Hinz verlesen.
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß Ihre Redezeit noch zwei Minuten
beträgt.
Norbert Dichter:
(fortfahrend)
"Von meinem Haus" - damit ist das Hessische Ministerium für Umwelt,
Energie, Jugend, Familie und Gesundheit gemeint - "wird die Anwendung
des Humanbiomonitorings als Methode zur quantitativen Erfassung einer
PAK- und Pestizidexposition in den Wohnungen der ehemaligen US-Housings
in Frankfurt unter den derzeit vorliegenden Bedingungen als ungeeignet
bewertet. So läßt sich eine quantitative Aussage zur individuellen
Expositionsabschätzung aufgrund bestehender unzureichender Kenntnisse
über Aufnahmewegequellen und Stoffwechselvorgänge kaum machen. Eine
umweltmedizinisch toxikologische Bewertung der individuellen Befunde
kann daher nicht ausreichend geleistet werden. Ich möchte Sie in diesem
Zusammenhang darauf hinweisen, daß unter anderem auch die Bundesländer
Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in den Erlassen zur Vorgehensweise
bezüglich der Bewertung bei PAK-belasteten Wohnungen mit Parkettklebern
das Humanbiomonitoring - Untersuchung auf PAK-Metabolite - nicht empfeh-
len. Hinsichtlich Ihrer Bemerkung der Durchführung von Sanierungsmaßnah-
men hatte sich bereits Herr Staatssekretär Baake mit einem Schreiben vom
Juli diesen Jahres mit einer dringlichen Bitte an Herrn Stadtrat Glaser
gewandt, die Weisung meines Hauses vom 2. Juni - die Ihnen auch bekannt
ist - inhaltlich vollständig umzusetzen und schnellstmöglich die ent-
sprechenden Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen." Da steht nicht drin, es
muß gesaugt werden. Wenn die Werte überschritten werden, muß unverzüg-
lich gehandelt werden.
Sie schreibt weiter: "Die gesundheitliche Vorsorge der betroffenen Be-
völkerung hat allgemein im Vordergrund zu stehen. In dieser Absicht wur-
den von meinem Hause die Maßnahmen zur Expositionsminderung zum Schutz
der Bevölkerung vor Gesundheitsbeeinträchtigungen und Risiken durch PAK-
Belastungen in Wohnungen mit Parkettklebern ausgesprochen. Dieses Ziel
und die damit verbundenen Maßnahmen werden auch heute noch von meinem
Hause vertreten. Wie Ihnen bekannt sein dürfte, haben unter anderem die
Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in ihren Er-
lassen zur Vorgehensweise und Bewertung bei PAK-Belastungen in Wohnungen
mit Parkettklebern Kehrproben als Bewertungs- und Beurteilungsgrundlage
nicht favorisiert."
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, ich erlaube mir den Hinweis, daß es nicht die
Natur einer Bürgerversammlung ist, Grußbotschaften von irgendwelchen Mi-
nisterinnen oder Ministern auf anderen Ebenen zu verkünden.
(Zurufe)
Entschuldigen Sie, wir sind eine Selbstverwaltungskörperschaft.
Ich erteile nun Frau Salzmann auf der Tribüne das Wort. Bitte sehr!
Christine Salzmann:
Es freut mich, daß ich noch einmal zu Wort komme. Ich möchte mein großes
Bedauern ausdrücken, daß im Rahmen dieser Veranstaltung die Fragen, die
tatsächlich anstehen - auf betroffener Seite und auf Seite der Stadt -
nicht geklärt werden können. Ich bedaure es, daß Frau Dr. Peters bis zum
heutigen Tag nicht in der Lage war, unseren offenen Brief mit 16 Fragen
und zwei Appellen sachlich und korrekt zu beantworten.
Ich bedaure, daß die Aktienbaugesellschaft Frankfurt Holding nicht in
der Lage war, unseren fünfseitigen offenen Brief vom 04.09.1998 in ir-
gendeiner Form zu kommentieren, geschweige denn zu beantworten.
Ich bedaure, daß die Stadt Frankfurt es vorzieht, auf einer sehr billi-
gen Ebene gegen einzelne, engagierte Personen vorzugehen - ich schließe
mich mit ein, denn ich habe das Recht dazu -, statt sich sachlich und
interessiert um eine Lösung zu bemühen. Es geht hier um Kinder. Wir
haben in mehreren hundert Wohnungen Befragungen durchgeführt, da wir die
Ergebnisse von der Holding nicht bekommen haben. Daraus geht hervor,
daß in 70 Prozent der Wohnungen Spalten im Parkett sind. Diese reichen
von einem Millimeter bis hin zu zehn Millimetern. In über 70 Prozent
der Wohnungen leben Kinder, über 50 Prozent der Kinder in den Housings
sind jünger als sechs Jahre. Ich habe für jeden, der behauptet, sich
ernsthaft um Lösungen zu bemühen und sich dafür zu interessieren, eine
Auswertung vorliegen, anhand derer man belegen kann, daß die Kinder zwi-
schen null und fünf Jahren durch das Biomonitoring, durch die Daten von
Ihnen, Frau Dr. Heudorf, eindeutig doppelt gefährdet sind gegenüber den
Kindern zwischen fünf bis zehn Jahren. Ich kann es Ihnen anhand Ihrer
eigenen Werte, die ich nicht von Ihnen, sondern von den betroffenen
Bürgern bekommen habe, belegen. Von Ihnen habe ich seit Februar dieses
Jahres keine Rohdaten bekommen. Trotzdem ist es mir gelungen, diesen
Zusammenhang herzustellen. Ich werde es an die Humanbiomonitoring-Kom-
mission schicken, zusätzlich zu den sechs Fragen, die wir letzte Woche
an die Kommission geschickt haben. Wir bemühen uns in Zusammenarbeit
mit der gesamten Bundesrepublik, in allen Städten haben wir Kontakte zu
Initiativen, Behörden und Experten aller Art. Unsere Arbeit wird sehr
geschätzt, nur in Frankfurt nicht. Herr Centner und Herr Rothe haben das
Gesundheitsamt und die Holding letztes Jahr dazu gezwungen, zuzugeben,
daß es schon 1996 Untersuchungen gab. Das Gesundheitsamt hat, wie Herr
Schäfer schon erwähnte, neun Monate gebraucht, um zu verstehen, daß
2.680 Milligramm PAK im Hausstaub nicht von ausgetretenen Zigaretten auf
dem Boden kommen.
Danke schön!
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, zur direkten Erwiderung erteile ich Frau Dr.
Heudorf das Wort. Bitte sehr!
Dr. Ursel Heudorf:
Frau Salzmann, ich möchte auf Ihre letzten beiden Feststellungen
antworten. Sie waren auf Intervention von Herrn Dichter bei der 2. Jah-
restagung der internationalen Gesellschaft für Umweltmedizin in Gießen
im vergangenen August dabei; auf sein Bitten habe ich den Tagungspräsi-
denten vom internationalen umweltmedizinischen Hearing gebeten, daß ver-
schiedene Personen von den Initiativen kostenlos bei dieser Tagung dabei
sein konnten. Sie waren dabei und haben meine Daten gesehen. Wir haben
am 04.09.1998 zwischen 15.00 und 18.30 Uhr im Gesundheitsamt zusammenge-
sessen, ich habe Ihnen alle Folien gegeben und war allen Ihren Fragen
gegenüber offen. Wir hatten Ihnen schon am 16. April diesen Jahres in
einem Gespräch im Gesundheitsamt gesagt, daß wir Ihnen aus datenschutz-
rechtlichen Gründen und aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht keine
Individualdaten geben können. Ich habe Ihnen wirklich am 4. September
alles, das nicht unter die Verletzung der Schweigepflicht fällt, gege-
ben. Sie konnten das aus meinen Daten auswerten. Wir haben ausgemacht,
daß Sie weiterhin diese anonymisierten, ausgewerteten Daten bekommen.
Sie sagen, wir hätten so lange gebraucht, um zu verstehen, daß das ein
Problem ist. Ich möchte feststellen: Wir haben nicht von irgendwelchen
Untersuchungsinstituten diese Meldung bekommen, sondern sie ist uns
durch eine Frau bekannt geworden, die sich bei mir in der Sprechstunde
vorgestellt hat, mit der ich dann besprochen hatte - ich hatte damals an
Pestizide gedacht -, daß Hausstaubuntersuchungen gemacht werden sollen.
Es wurden auch PAK untersucht. Als wir den Wert hatten, sind wir umge-
hend - in Kenntnis, daß das ein sehr hoher Wert ist, ich kann das als
Umweltmedizinerin bewerten, ich kenne auch die Grenz- oder Richtwerte in
Sand- oder Erdproben -, obwohl es keine gesetzliche Grundlage gibt, so-
fort an den Vermieter herangetreten und haben gesagt: Wir müssen wissen,
ob Kinder in dieser Wohnung waren, ob Kinder, die in anderen vergleich-
baren Wohnungen wohnen, dieses aufnehmen können, und wir müssen wissen,
wie die Erwachsenen das inhalieren können und was die Quelle ist. Das
haben wir sofort veranlaßt.
Ende Februar hatten wir die Ergebnisse, und im März haben wir sie an die
Holding weitergegeben.
Dann sind die Untersuchungen gemacht worden, die gezeigt haben, daß in
der Raumluft, also im Schwebstaub, keine erhöhte Belastung war. Das
Gesundheitsamt hat sich gegen die Bewertung des Institutes Fresenius ge-
stellt, das gesagt hat, der Hausstaub macht nichts. Wir haben damals ge-
sagt: Vergeßt die Kinder und die orale Bodenstaubaufnahme nicht. Wir ha-
ben im Herbst des Jahres weitere Untersuchungen durchgeführt und recher-
chiert. Tatsache ist, Frau Salzmann, daß das Stadtgesundheitsamt - nach-
dem wir recherchiert und gemerkt haben, das ist nicht nur ein Housing-
Problem, sondern ein bundesweites, weil es ein generelles Problem dieses
Parkettklebers ist - unter Umgehung sämtlicher hierarchischer Vorschrif-
ten alle zuständigen Ministerien informiert hat. Wir und niemand anders.
Sie können uns nicht vorwerfen, wir hätten das nicht durchschaut.
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, das Wort hat Herr Stadtkämmerer Glaser. Bitte
sehr!
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
Erlauben Sie mir zwei Bemerkungen: Frau Salzmann, wir hatten das Vergnü-
gen bei dem runden Tisch. Frau Dr. Heudorf hat versucht, Ihnen zu sagen,
was wirklich war. Sie stellen sich vor die Leute, sprechen von Halbwahr-
heiten, von verweigerten Daten, verschweigen aber, daß Sie beispielswei-
se aus Datenschutzgründen als Privatperson keine medizinischen Daten aus
dem Gesundheitsamt abschleppen können. Das ist doch ein logischer Vor-
gang. Das sagen Sie den Leuten nicht.
(Zurufe)
Sie sagen auch nicht, daß Sie alles bekommen haben, was man Ihnen zuläs-
sigerweise geben kann. Sie versuchen, wie Sie es anderwärts auch machen,
durch diese Halbwahrheiten Fehlurteile entstehen zu lassen.
(Glocke)
Die armen Menschen, von denen Sie gesprochen haben, die aus der Stadt
vertrieben worden sind. Einer dieser armen Menschen, der ein Hauptge-
sprächspartner war - ich werde den Namen nicht nennen -, in dessen
Wohnung ist nicht eine einzige Messung durchgeführt worden, weil er alle
verweigert hat.
(Zurufe, Glocke)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, sich zu mäßigen!
Stadtkämmerer Albrecht Glaser:
(fortfahrend)
Die Frage, woher die Information stammt ...
(Zurufe)
Ich weiß nicht, was das ist, ich kann Ihnen aber das Meßprotokoll von
der Wohnung zeigen.
(Zurufe)
Jetzt kommen Sie wieder mit der Nummer.
(Glocke)
Ich darf feststellen - mit oder ohne erhobener Hand, die an dem Sachver-
halt nichts ändert -, daß bei dem Betroffenen keine Messung durchgeführt
worden ist, daß keine Schadstoffwerte vorliegen und daß der Betroffene
selbst bis heute nicht gesagt hat, daß er selbst eine eigene Messung
vorgenommen hat, was ja denkbar wäre. Dieses ist die Wahrheit und wer
etwas anderes behauptet, sagt die Unwahrheit.
Verehrter Herr Dr. Stück, der Sie mehrfach aufgetreten sind und das Ge-
wicht Ihrer Persönlichkeit als Umweltmediziner und gebildeter Mensch in
die Waagschale geworfen haben, ich bin sehr erstaunt, daß Sie solch eine
triviale Bemerkung wie die Herleitung des Begriffs der Demokratie, der
mit unserem Thema nichts zu tun hat, gemacht haben. Es ist interessant,
Ihnen zu lauschen, weil Sie glauben, auch auf anderen Gebieten gut drauf
zu sein. Der Begriff "Demokratie" hat mit dem Philosophen Demokrit über-
haupt nichts zu tun, das ist geradezu eine bildungspolitische Lachnum-
mer, die Sie hier abziehen. Wenn Sie einen Hauch von Wissen auf diesem
Gebiet haben und Sie rühmen sich dessen wie auf anderen Gebieten auch,
erlaube ich mir, Rückschlüsse daraus zu ziehen. Das kommt von einem ganz
anderen sprachlichen Wurzelstamm. Das bedeutet, sehr verehrter Herr Dr.
Stück, daß es bemerkenswert ist, mit welcher Kaltschnäuzigkeit Sie an
dieser Stelle fachlich arbeiten. Ich hoffe sehr, daß Sie das an anderer
Stelle nicht auch tun. Ihre polemischen Bemerkungen beweisen, daß Sie
wahrscheinlich besser über Polemik verfügen als über die medizinische
Kunst.
(Beifall)
Stadtverordnetenvorsteher Bernhard Mihm:
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu Beginn unserer Versammlung
hatte ich gesagt, das Ende soll zwischen 21.30 Uhr und 22.00 Uhr liegen,
wir sind jetzt näher bei 22.00 Uhr. Ich hatte um 21.20 Uhr gesagt, wir
machen in einer halben Stunde Schluß. Es ist jetzt 21.50 Uhr. Ich bedau-
re, daß ich damit eine Reihe von Wortmeldungen nicht mehr zum Zuge kom-
men lassen kann. Es war eine lebhafte Diskussion, die mit Kontroversen
gespickt war.
Ich hoffe, daß wir Gelegenheit hatten ein wenig aufeinander zu hören.
Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg.
Ende der Versammlung: 21.51 Uhr